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Title:
METHOD FOR ADAPTING A HEARING DEVICE
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2024/051970
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for adapting a hearing device (2), having at least one hearing aid (16), a movement sensor (30), and a display unit (34), wherein at least one test measurement is carried out in which an acoustic test signal is generated, the movement sensor (30) detects a movement of the hearing device user (10) in response to the test signal as a test result, and visual feedback (14) is generated on the display unit (34) on the basis of the test result.

Inventors:
FISCHER ROSA-LINDE (DE)
WURZBACHER TOBIAS (DE)
Application Number:
PCT/EP2023/062799
Publication Date:
March 14, 2024
Filing Date:
May 12, 2023
Export Citation:
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Assignee:
SIVANTOS PTE LTD (SG)
FISCHER ROSA LINDE (DE)
International Classes:
H04R25/00; A61B5/12
Domestic Patent References:
WO2021016094A12021-01-28
WO2018101589A12018-06-07
Foreign References:
EP2908549A12015-08-19
DE102016212881A12017-06-29
Attorney, Agent or Firm:
FDST PATENTANWÄLTE (DE)
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Claims:
Ansprüche Verfahren zur Anpassung einer Hörvorrichtung (2), aufweisend zumindest ein Hörgerät (16) und einen Bewegungssensor (30) sowie eine Anzeigeeinheit (34),

- wobei mindestens eine Testmessung durchgeführt wird, bei welcher a) ein akustisches Testsignal (8) erzeugt wird, b) eine Bewegung des Hörvorrichtungsnutzers (10) als Reaktion auf das Testsignal mit dem Bewegungssensor (30) als Testergebnis erfasst wird, und c) in Abhängigkeit des Testergebnisses ein visuelles Feedback (14) auf der Anzeigeeinheit (34) erzeugt wird,

- wobei eine Signalverarbeitungseinrichtung (24) des Hörgeräts (16) anhand des Testergebnisses eingestellt wird. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Testmessungen aufeinanderfolgend durchgeführt werden. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass im Zuge der mindestens einen Testmessung eine Hörschwelle (HS) des Hörvorrichtungsnutzers für das akustische Testsignal bestimmt wird. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bestimmung der Hörschwelle eine Bewegungsanalyse durchgeführt wird, wobei in Abhängigkeit der Bewegungsanalyse ein Signalpegel des Testsignals verändert wird. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Signalpegel des Testsignals (8) derart verändert wird, dass eine Differenz zwischen dem Testsignal mit dem niedrigsten wahrnehmbaren Signalpegel und dem Testsignal mit dem höchsten wahrnehmbaren Signalpegel einen vorgegebenen Schwellwert erreicht oder unterschreitet. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Testsignal (8) von dem Hörgerät (16) ausgegeben wird. Verwendung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, als Hörschwellentest für den Hörvorrichtungsnutzer (10), wobei ein gamifiziertes visuelles Feedback verwendet wird. Hörvorrichtung (2) aufweisend zumindest ein Hörgerät (16) und einen Bewegungssensor (30) sowie eine Anzeigeeinheit (34) und einen Controller zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6. Hörvorrichtung (2) nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzeigeeinheit (34) und der Controller als ein signaltechnisch mit dem Hörgerät (16) gekoppeltes Bedien- und Anzeigegerät ausgeführt sind. Software auf einem Datenträger zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wenn die Software auf einem Computer abläuft.

Description:
Beschreibung

Verfahren zur Anpassung einer Hörvorrichtung

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Anpassung einer Hörvorrichtung, insbesondere eines Hörgeräts, sowie eine Verwendung des Verfahrens, eine Hörvorrichtung und eine Software auf einem Datenträger.

Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen (Hörhilfevorrichtungen), die zur Versorgung von Schwerhörenden oder Hörgeschädigten dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche Bauformen von Hörvorrichtungen wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO) und Hör-geräte mit einem externen Hörer (RIC: receiver in the canal) sowie In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), zum Beispiel auch Concha-Hörgeräte oder Kanal-Hörgeräte (ITE: In-The- Ear, CIC: Completely-In-Channel, HC: Invisible-In-The-Channel), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörvorrichtungen werden am Außenohr oder im Gehörgang eines Hörvorrichtungsnutzers getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder elektrisch.

Derartige Hörvorrichtungen oder Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein akusto-elektrischer Wandler, wie beispielsweise ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, zum Beispiel eine Induktionsspule oder eine (Radiofrequenz-, RF-)Antenne. Der Ausgangswandler ist meist als ein elektro-akustischer Wandler, zum Beispiel als ein Miniaturlautsprecher (Hörer), oder als ein elektromechanischer Wandler, wie beispielsweise ein Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicher- weise in eine Signalverarbeitungseinrichtung integriert. Die Energieversorgung erfolgt üblicherweise durch eine Batterie oder einen aufladbaren Akkumulator.

Die von den Eingangswandlern aufgenommenen Eingangssignale sind typischerweise mehrkanalig, dies bedeutet, dass die Eingangssignale in mehrere einzelne Frequenzkanäle unterteilt sind, wobei jeder Frequenzkanal ein Frequenzband einer gewissen spektralen Breite abdeckt. Beispielsweise kann ein Hörgerät hierbei 48 (Frequenz-)Kanäle in einem Frequenzbereich zwischen 0 kHz (Kilohertz) und 24 kHz aufweisen, wobei die einzelnen Signalkomponenten des Eingangssignals in den Kanälen mittels der Signalverarbeitungseinrichtung einzeln verarbeitbar, insbesondere einzeln filterbar und/oder verstärkbar sind.

Durch eine geschickte Einstellung der zeit- und frequenzabhängigen Verstärkung eines akustischen Eingangssignals durch eine Hörvorrichtung kann eine optimale Anpassung an die Bedürfnisse eines Hörvorrichtungsnutzers erreicht werden. Es stellt sich dabei das Problem eine möglichst optimale zeit- und frequenzabhängige Verstärkung für den Hörvorrichtungsnutzer bzw. HörgerätenutzerZ-träger zu bestimmen.

Die (Erst-)Anpassung eines Hörgeräts zielt insbesondere darauf ab, die besten Verstärkungs-ZSchall- und Algorithmuseinstellungen für alle individuellen Hörgeräteträger zu finden. Der wichtigste Input sind die audiometrischen Daten des Hörgeräteträgers (Knochen-ZLuftleitungsschwelle, Unbehaglichkeitsgrad). Darüber hinaus berücksichtigen einige Anpassungsverfahren auch andere Informationen des Hörgeräteträgers wie Alter, Geschlecht und Erfahrung mit Hörgeräten, um die Erstanpassung weiter zu optimieren.

Es gibt Menschen, z.B. Kleinkinder oder Personen mit kognitiven Einschränkungen, welche nicht in der Lage sind, den Anweisungen zur Hörschwellenmessung zuverlässig zu folgen. Das bedeutet, dass die Prozedur des verbalen Hinweises oder des Tastendrucks, sobald ein Sinuston gerade wahrnehmbar ist - sofern sie verstanden wurde und überhaupt befolgt werden kann - zu einer breiten Streuung der Antworten und Testergebnisse führt. Folglich steht lediglich eine geringe Datenqualität der Hörschwellen für die Anpassung zur Verfügung, welche die wichtigsten Informationen für eine angemessene Hörgeräteanpassung sind.

Derzeit wird dieses Problem durch einfache Verhaltenstests gelöst, bei denen verschiedene Geräusche als Testsignale verwendet werden, um bestimmte Frequenzbereiche zu stimulieren, wobei die Reaktion des Kindes/der Person auf das Testsignal beobachtet wird. Um überhaupt Antworten zu erhalten, wird dem Annäherungsverhalten bei der Wahrnehmung eines Geräusches ein bedingtes Lernverfahren vorgeschaltet.

Wenn das Kind oder die Person in der Lage ist, sich aktiv zu beteiligen, einfache Regeln zu verstehen und zu befolgen, kann auch eine konditionierte Spielaudiometrie stattfinden. Hierbei wird die Audiometrie spielerisch eingeleitet, um die Motivation für Reaktionen zu erhalten.

Außerdem gibt es Lösungen auf Tablet-Basis, bei denen verschiedene Frequenzen beispielsweise durch unterschiedliche Tiere dargestellt werden. Das Kind oder die Person soll hierbei das jeweilige Tier anklicken, sobald es den entsprechenden Ton hört. Solche Lösungen erhöhen die Motivation, setzen aber weiterhin die Fähigkeit voraus, die Anweisungen zu verstehen und zuverlässig zu befolgen.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein besonders geeignetes Verfahren zur Anpassung einer Hörvorrichtung anzugeben. Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zugrunde, eine besonders geeignete Verwendung des Verfahrens, eine besonders geeignete Hörvorrichtung und eine besonders geeignete Software auf einem Datenträger anzugeben.

Hinsichtlich des Verfahrens wird die Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und hinsichtlich der Verwendung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 sowie hinsichtlich der Hörvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 8 und hinsichtlich der Software mit den Merkmalen des Anspruchs 10 erfindungsgemäß gelöst. Die im Hinblick auf das Verfahren angeführten Vorteile und Ausgestaltungen sind sinngemäß auch auf die Verwendung und/oder die Hörvorrichtung und/oder die Software übertragbar und umgekehrt.

Die Konjunktion „und/oder“ ist hier und im Folgenden derart zu verstehen, dass die mittels dieser Konjunktion verknüpften Merkmale sowohl gemeinsam als auch als Alternativen zueinander ausgebildet sein können.

Sofern nachfolgend Verfahrensschritte beschrieben werden, ergeben sich vorteilhafte Ausgestaltungen für die Hörvorrichtung insbesondere dadurch, dass dieses ausgebildet ist, einen oder mehrere dieser Verfahrensschritte auszuführen.

Das erfindungsgemäße Verfahren ist zur Anpassung einer Hörvorrichtung, insbesondere einer Hörhilfevorrichtung, vorgesehen sowie dafür geeignet und eingerichtet. Die Hörvorrichtung weist zumindest ein Hörgerät (Hörhilfegerät, engl.: Hearing Aid, HA) und einen Bewegungssensor sowie eine Anzeigeeinheit auf.

Die Hörvorrichtung dient insbesondere der Versorgung eines hörgeschädigten Nutzers (Hörvorrichtungsnutzer). Das Hörgerät ist hierbei ausgebildet, Schallsignale aus der Umgebung aufzunehmen und an den Hörvorrichtungsnutzer auszugeben. Hierzu weist die Hörvorrichtung zumindest einen Eingangswandler, insbesondere einen akusto-elektrischen Wandler, wie beispielsweise ein Mikrofon, auf.

Der Eingangswandler nimmt im Betrieb der Hörvorrichtung bzw. des Hörgeräts Schallsignale (Geräusche, Töne, Sprache, etc.) aus der Umgebung auf, und wandelt diese jeweils in ein elektrisches Eingangssignal um. Das Eingangssignal ist hierbei insbesondere mehrkanalig ausgeführt. Mit anderen Worten werden die akustischen Signale in ein mehrkanaliges Eingangssignal gewandelt. Das Eingangssignal weist also mehrere Frequenzkanäle, insbesondere mindestens zwei, vorzugsweise mindestens 20, besonders vorzugsweise mindestens 40, beispielsweise 48 (Frequenz-)Kanäle, auf, welche jeweils ein zugeordnetes Frequenzband eines Frequenzbereichs der Hörvorrichtung abdecken. Beispielsweise ist hierbei ein Frequenzbereich zwischen 0 kHz und 24 kHz in 48 Kanäle unterteilt, so dass Eingangssignale mit 48 Kanälen erzeugt werden. Das Hörgerät weist weiterhin einen Ausgangswandler, insbesondere einen elektro-akustischen Wandler, wie beispielsweise einen Hörer oder Miniaturlautsprecher, auf. Aus dem elektrischen (mehrkanaligen) Eingangssignal wird ein elektrisches (mehrkanaliges) Ausgangssignal erzeugt, indem das Eingangssignal, beziehungsweise die einzelnen Frequenz- oder Signalkanäle, in einer Signalverarbeitungseinrichtung verarbeitet und modifiziert (z.B. verstärkt, gefiltert, gedämpft) werden. Die Einstellung der Signalverarbeitungseinrichtung, insbesondere hinsichtlich der Signalverstärkung, erfolgt im Zuge der Anpassung erfindungsgemäß anhand eines Testergebnisses einer Testmessung.

Verfahrensgemäß wird mindestens eine Testmessung durchgeführt, bei welcher ein akustisches (Test-)Signal (Testreiz, Testton, Teststimuli) erzeugt wird. Mittels des Bewegungssensors wird eine Bewegung des Hörvorrichtungsnutzers als Reaktion auf das Signal (oder ein Ausbleiben einer solchen Bewegung) als Testergebnis erfasst, wobei in Abhängigkeit des Testergebnisses ein visuelles Feedback auf der Anzeigeeinheit erzeugt wird.

Verfahrensgemäß wird eine Signalverstärkung oder Signalverarbeitung des Hörgeräts, also die Signalverarbeitungseinrichtung, anhand des Testergebnisses eingestellt. Mit anderen Worten werden die Hörgeräteeinstellungen oder Hörgeräteparameter in Abhängigkeit der Testmessung beziehungsweise des Testergebnisses verändert. Die Hörhilfevorrichtung bzw. das Hörgerät wird somit anhand der Testergebnisse oder bestimmten Hörschwellen eingestellt oder angepasst. Dadurch ist ein besonders geeignetes Verfahren zur Anpassung der Hörvorrichtung realisiert, welches aufgrund des visuellen Feedbacks besonders geeignet für Kleinkinder oder Personen mit kognitiven Einschränkungen ist.

In einer vorteilhaften Weiterbildung werden mehrere Testmessungen, also mindestens zwei Testmessungen, aufeinanderfolgend durchgeführt. Dadurch ist eine zuverlässigere Anpassung der Hörvorrichtung gewährleistet. In einer geeigneten Ausführung wird zur Bestimmung der Hörschwelle eine Bewegungsanalyse der erfassen Bewegungssensordaten durchgeführt, wobei in Abhängigkeit der Bewegungsanalyse ein Signalpegel des Testsignals verändert (er- höht/reduziert) wird. Dadurch wird insbesondere der Signalpegel einer darauffolgenden Testmessung verändert, so dass aufeinanderfolgende Testmessungen auf den vorangegangenen Testergebnissen aufbauen, und somit eine sukzessiv genauere Bestimmung der Hörschwelle realisieren.

Zweckmäßigerweise werden mehrere Testmessungen durchgeführt, und somit ein Maß für die Hörschwellen des Hörvorrichtungsnutzers bestimmt. Die Auswertung der Testergebnisse kann durch eine Person/einen Prüfer, z.B. einen Audiologen, oder durch eine Software bzw. künstliche Intelligenz, beispielsweise ein neuronales Netzwerk, erfolgen.

Dadurch wird somit ein Hörschwellenverfahren realisiert, das die Möglichkeit eines automatisierten, geschlossenen Hörschwellentests bietet. Die Reaktion des Hörvorrichtungsnutzers wird durch Bewegungssensordaten objektiviert, die mit dem Wissen über die präsentierten Testsignale/Testtöne kombiniert werden. Darüber hinaus erhält der Hörvorrichtungsnutzers zur Motivation eine visuelle Rückmeldung über sein Verhalten. Das visuelle Feedback gibt dem Prüfer eine objektive Rückmeldung über die Testleistung.

Derzeit wird die Reaktion auf einen Hörschwellentest durch die subjektive Interpretation des Verhaltens einer Testperson durch den Prüfer bewertet. Die vorgeschlagene technische Lösung des erfindungsgemäßen Verfahrens liefert eine objektive Rückmeldung über die Reaktion auf ein wahrgenommenes Testsignal auf der Basis von Bewegungssensordaten. Dadurch wird die Zeit zum Trainieren des Antwortverhaltens reduziert, die Zuverlässigkeit der Messung erhöht, und die Motivation dafür gesteigert. Das Verfahren ist nicht lediglich, aber besonders geeignet für Personen mit eingeschränktem Verständnis für den Testablauf, z.B. sehr kleine Kinder oder kognitiv eingeschränkte Menschen. Außerdem könnten diese Personen von einer Methode mit klarer Belohnung profitieren, damit sie für das Messprotokoll motiviert bleiben. Die Daten eines Bewegungssensors, der entweder in das Hörgerät, andere technische Geräte oder eigenständige Bewegungssensoren integriert ist, werden mit dem Wissen über die Darbietungseigenschaften der Testreize über das Hörgerät oder andere technische Geräte kombiniert. Im Hintergrund analysiert beispielsweise ein Algorithmus die Darbietungszeit, Lautstärke und Frequenz der Testtöne und leitet aus der Treffer- und Fehlerrate des vom Bewegungssensor erfassten Antwortverhaltens die Hörschwelle für mehrere Frequenzen oder Frequenzkanäle des Hörgeräts ab.

In einer denkbaren Ausgestaltung wird der Signalpegel des Testsignals derart verändert, dass eine Differenz zwischen dem Testsignal mit dem niedrigsten wahrnehmbaren Signalpegel und dem Testsignal mit dem höchsten wahrnehmbaren Signalpegel einen vorgegebenen Schwellwert erreicht oder unterschreitet. Mit anderen Worten werden die Schritte zur Hörschwellenbestimmung (Bewegungsanalysen, Pegelabsenkung oder -erhöhung) so lange wiederholt, bis die Differenz zwischen dem Testsignal mit dem leisesten hörbaren Pegel und dem Testsignal mit dem stärksten nicht hörbaren Pegel unter einer vorgegebenen (z.B. parametrisierbaren) Schwelle liegt. Die Schwellenwerte können z.B. unter 6 dB, 3 dB, 1 dB liegen. Die Hörschwelle des Hörvorrichtungsnutzers liegt dann zwischen diesen Signalpegeln.

In einer zweckmäßigen Ausbildung wird das Testsignal von dem Hörgerät ausgegeben. Mit anderen Worten erzeugt das Hörgerät das Testsignal. Hierzu weist das Hörgerät beispielsweise einen Signalgenerator auf, welcher ein elektrisches Testsignal erzeugt, das als akustisches Testsignal von dem Ausgangswandler ausgegeben wird.

Der Vorteil einer Implementierung in das Hörgerät gegenüber externen Lautsprechern oder Kopfhörern ist die Umgehung des Kalibrierungsbedarfs. Durch die Möglichkeit der Stummschaltung des Mikrofons bzw. Eingangswandler stören zudem weniger externe Geräusche den Testablauf. Die Hörgerät-Implementierung würde weiterhin die Möglichkeit bieten, einen Insitu-Hörschwellentest oder eine Überprüfung der Real-Ear-Verstärkung durchzuführen. Darüber hinaus könnte eine Automatisierung des Verfahrens genutzt werden, um Hörtestdaten über einen längeren Zeitraum und im täglichen Leben (z. B. zu Hause) zu sammeln. Typische moderne Hörgeräte verfügen über eingebaute Bewegungssensoren, die eine Voraussetzung für den vorgeschlagenen Aufbau sind.

Ein zusätzlicher oder weiterer Aspekt der Erfindung sieht die Verwendung des vorstehend beschriebenen Verfahrens als gamifizierter Hörschwellentest (Hörtest) vor. Hierbei wird insbesondere ein gamifiziertes visuelles Feedback erzeugt oder verwendet. Dadurch ist eine besonders geeignete Anwendung im Hinblick auf die Bestimmung von Hörschwellen bei kleinen Kindern oder Personen mit kognitiven Einschränkungen realisiert.

Unter „gamifiziert“ oder „Gamifizierung“ (Gamification) ist eine Spielifikation oder Spielifizierung zu verstehen, also eine Anwendung spiel-typischer Elemente in einem spielfremden Kontext. Hierbei werden Spieledesignprinzipien, Spieledesigndenken und Spielemechaniken auf spielfremde Anwendungen und Prozesse übertragen, um Probleme zu lösen und Teilnehmer zu engagieren. Ziel ist eine Motivationssteigerung der Benutzer, mit einer ansonsten wenig herausfordernden, als zu monoton empfundenen oder zu komplexen Anwendung verstärkt zu interagieren oder erwünschte Verhaltensweisen anzunehmen.

Für die Implementierung eines gamifizierten Hörtests mit Erfassung objektiver Verhaltensdaten durch Bewegungssensoren sind beispielsweise drei Ansätze denkbar, welche nachfolgend auch als Run & Jump, Sprint-Wettbewerb, und tanzendes Spiel bezeichnet sind.

Der Run & Jump-Ansatz ist ein implizites Verfahren, das auf dem natürlichen Ausweichverhalten basiert: Ein Manikin (Spielfigur) läuft über den Bildschirm. Die Testperson wird angewiesen, zu springen und den Kopf zu schütteln, sobald sich ein Hindernis aus irgendeiner Richtung nähert. Vorangehende Testtöne zeigen beispielsweise an, ob das nächste Hindernis von links oder rechts kommt. Die Reaktion der Testperson auf das sich nähernde Hindernis ist schneller, wenn der Testton wahrgenommen wird. Der Analysealgorithmus berechnet die Treffer- und Fehlerrate der Verhaltensreaktion durch den Vergleich der auditiven mit der rein visuellen Darstellung von Hindernissen. Die visuelle Rückmeldung an den Probanden - das Manikin auf dem Bildschirm spiegelt das Verhalten des Probanden wider, z. B. Sprünge oder Richtungswechsel - dient der Aufrechterhaltung der Motivation des Probanden.

Bei dem Sprint-Wettbewerbs-Ansatz wird die Anweisung gegeben, einen „100 m“- Sprint (oder Reiten, Auto-/Formel1 -Rennen, ... ) zu starten sobald das Testsignal wahrgenommen wird. Die Töne des Testsignals werden in Frequenz und Lautstärke variiert und in nicht vorhersehbaren Zeitmustern dargeboten (zufällige Reizintervalle). Ein Algorithmus berechnet die Hörschwelle durch den Vergleich von richtigem und falschem Start, der durch die Rückmeldung des Bewegungssensors beim "Laufstart" angezeigt wird. Visuelles Feedback wird verwendet, um die Motivation der Testperson aufrechtzuerhalten.

Bei dem Ansatz des „tanzenden Spiels“ handelt es sich um ein implizites Verfahren, das sich die intrinsische Motivation zunutze macht, sich auf einen wahrgenommenen musikalischen Rhythmus einzustellen. Die Teststimuli sind Tonfolgen, die durch eine bestimmte Tonhöhe und Lautstärke definiert sind. Diese Sätze werden in einer vordefinierten Periodizität (Rhythmus; Schläge pro Minute; optional eingebettet in ein Lied) abgespielt. Ein Algorithmus analysiert die Korrelation zwischen der rhythmischen Bewegung des Probanden und dem dargebotenen Rhythmus. Ihre Übereinstimmung zeigt die Wahrnehmung einer bestimmten Tonfolge an. Aus den Informationen über Tonhöhe und Pegel einer Menge wird die Hörschwelle (Pegel) für eine bestimmte Frequenz (Tonhöhe) abgeleitet. Die visuelle Rückmeldung an den Probanden dient der Aufrechterhaltung der Motivation. Darüber hinaus kann die parallele Darstellung des rhythmischen Verhaltens der Testperson und des dargebotenen Rhythmus genutzt werden, um dem Prüfer ein unmittelbares objektives Feedback zu geben.

Generell könnten alle gamifizierten Hörverlustbewertungen auch von nicht geschulten Personen durchgeführt werden, z. B. von den Eltern oder der Pflegeperson einer hörgeschädigten Person. Zu diesem Zweck könnte eine App- Implementierung, beispielsweise für ein Smartphone oder für einen Tablet-Computer, bereitgestellt werden, die in der Lage ist, das Hörgerät in einen Messmodus zu versetzen, um Testtöne zu präsentieren und Bewegungssensordaten zu sammeln. Dies ist insbesondere im Hinblick auf eine Anwendung bei freiverkäuflichen bzw. rezeptfreien Hörgeräten, sogenannte, OTC-Hörgeräte (engl.: Over the Counter, OTC), vorteilhaft, bei OTC-Hörgeräten ist der Hörgeräteträger selbst für die Einrichtung des Hörgeräts, einschließlich der Anpassung und Einstellung des Klangs, verantwortlich. Der Hörgeräteträger muss daher in der Regel eine Erstanpassung ohne audiometrische Eingangsdaten und ohne professionelle Hilfestellung bewerkstelligen. Die Selbstanpassung (Self-Fitting, SF) wird durch das Verfahren erleichtert.

Die erfindungsgemäße Hörvorrichtung weist ein Hörgerät, insbesondere ein OTC- Hörgerät, auf. Die Hörvorrichtung weist weiterhin einen Bewegungssensor zur Erfassung einer (Körper-)Bewegung des Hörvorrichtungsnutzers und eine Anzeigeeinheit zur Wiedergabe eines visuellen Feedbacks sowie einen Controller, also ein Steuergerät, zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens auf.

Der Controller ist hierbei allgemein - programm- und/oder schaltungstechnisch - zur Durchführung des vorstehend beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens eingerichtet. Der Controller ist somit konkret dazu eingerichtet, eine Testmessung durchzuführen, die erfassten Bewegungsdaten des Bewegungssensors auszuwerten, und in der Folge das Hörgerät einzustellen oder anzupassen.

In einer bevorzugten Ausgestaltungsform ist der Controller zumindest im Kern durch einen Mikrocontroller mit einem Prozessor und einem Datenspeicher gebildet, in dem die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens in Form einer Betriebssoftware (Firmware) programmtechnisch implementiert ist, so dass das Verfahren - gegebenenfalls in Interaktion mit einem Vorrichtungsnutzer - bei Ausführung der Betriebssoftware in dem Mikrocontroller automatisch durchgeführt wird. Der Controller kann im Rahmen der Erfindung alternativ aber auch durch ein nicht-programmierbares elektronisches Bauteil, wie zum Beispiel einem anwendungsspezifischen integrierten Schaltkreis (ASIC) oder durch einem FPGA (Field Programmable Gate Array), gebildet sein, in dem die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mit schaltungstechnischen Mitteln implementiert ist.

In einer geeigneten Ausführung sind die Anzeigeeinheit und der Controller als ein signaltechnisch mit dem Hörgerät gekoppeltes Bedien- und Anzeigegerät ausgeführt. Das insbesondere mobile Bedien- und Anzeigegerät ist beispielsweise ein Mobiltelefon, insbesondere ein Mobiltelefon mit einer Computerfunktion beziehungsweise ein Smartphone oder auch ein Tabletcomputer

Das Bedien- und Anzeigegerät weist hierbei beispielsweise eine hinterlegte Anwendungssoftware (Betriebssoftware) auf, mittels welcher das Audio- und/oder Videomaterial abgespielt wird, und mittels welcher die Testergebnisse des Hörvorrichtungsnutzers erfasst werden. Anhand der Testergebnisse stellt die Anwendungssoftware anschließend die Einstellungen bzw. Verstärkung des Hörgeräts ein. Die Anwendungssoftware (Application software) ist hierzu vorzugsweise als eine sogenannte App oder Mobile App (Mobilanwendung, Smartphone-App) auf dem Bedien- und Anzeigegerät installierbar beziehungsweise installiert.

Diese Ausführung geht dabei von der Überlegung aus, dass moderne Bedien- und Anzeigegeräte, wie insbesondere Smartphones oder Tabletcomputer, in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet sind und einem Benutzer generell jederzeit verfügbar und zugänglich ist. Insbesondere weist der Benutzer der Hörhilfevorrichtung mit großer Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen ein derartiges Bedien- und Anzeigegerät in seinem Haushalt auf.

Die typischerweise als Touchscreens (Anzeige, Display) ausgebildeten Oberflächen von Smartphones oder Tabletcom putern erlauben weiterhin eine besonders einfache und intuitive Bedienung der Anwendungssoftware des dadurch gebildeten Bedien- und Anzeigegeräts. Dadurch ist ein Smartphone oder Tabletcomputer besonders kostengünstig für die Anpassung der Hörhilfevorrichtung nachrüstbar. Das Bedien- und Anzeigegerät umfasst einen internen Controller, welcher zumindest im Kern durch einen Mikrocontroller mit einem Prozessor und einem Datenspeicher gebildet ist, in dem die Funktionalität zur Durchführung des Verfahrens in Form der Anwendungssoftware programmtechnisch implementiert ist, so dass das Verfahren beziehungsweise die Bestimmung des Betriebszustands der Hörgeräte - gegebenenfalls in Interaktion mit dem Benutzer - bei Ausführung der Anwendungssoftware in dem Controller automatisch durchgeführt wird.

Ein zusätzlicher oder weiterer Aspekt der Erfindung sieht eine Software auf einem Medium oder Datenträger zur Durchführung oder Ausführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens vor. Dies bedeutet, dass die Software auf einem Datenträger hinterlegt ist, und zur Ausführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens vorgesehen, sowie dafür geeignet und ausgestaltet ist. Dadurch ist eine besonders geeignete Software für die Anpassung einer Hörvorrichtung realisiert, mit welcher die Funktionalität zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens programmtechnisch implementiert wird. Die Software ist somit insbesondere eine Betriebssoftware (Firmware), wobei der Datenträger beispielsweise ein Datenspeicher des Controllers ist.

Nachfolgend ist die Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen in schematischen und vereinfachten Darstellungen:

Fig. 1 ein Blockdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens, Fig. 2 eine Hörvorrichtung mit einem Hörgerät und mit einem Zusatzgerät, und Fig. 3 drei Rhythmus-Lautstärke-Diagramme.

Die Fig. 1 zeigt einen Überblick über eine erste Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Anpassung einer Hörvorrichtung 2 (Fig. 2). Die Fig. 1 zeigt hierbei insbesondere den Ablauf eines gamifiziertes Hörschwellenverfahrens. Das Verfahren wird hierbei beispielsweise von einem Prüfer 4 (Versuchsleiter, Testleiter) durchgeführt. Mittels eines Anzeige- und Bediengeräts 6 wird mindestens eine Testmessung durchgeführt, bei welcher ein akustisches (Test-)Signal (Testreiz, Testton, Teststimuli) 8 erzeugt wird. Das Signal 8 kann als ein oder mehrere Töne, ein Rhythmus, ein Sweep oder dergleichen ausgeführt sein. Das Anzeige- und Bediengerät 6 kann beispielsweise als ein Computer oder als eine App auf einem Smartphone oder Tablet ausgeführt sein.

Eine eines Hörvorrichtungsnutzers (Testperson, Proband) 10, beispielsweise eines Kindes, auf das Signal 8 erfolgt insbesondere durch eine Körperbewegung, wobei insbesondere unterschieden wird zwischen Bewegungen, welche mit dem Signal 8 und nicht mit dem Signal 8 erfolgen. Die Reaktion wird durch Bewegungssensordaten 12 objektiviert, die mit dem Wissen über die präsentierten Testsig- nale/Testtöne kombiniert werden. Das Anzeige- und Bediengerät 6 analysiert die erfasste (Körper-)Bewegung hinsichtlich einer Korrelation des Signals 8 und der Bewegungen, und passt in der Folge die Stimuli oder Parameter (Lautstärke, Frequenz, Beats/Minute, ... ) des Signals 8 an. Darüber hinaus erhält der Hörvorrichtungsnutzers 10 von dem Anzeige- und Bediengerät 6 zur Motivation eine visuelle Rückmeldung 14 über sein Verhalten. Optional kann der Hörvorrichtungsnutzer 10 zusätzlich auch eine akustische Rückmeldung durch Töne oder dergleichen erhalten. Das visuelle Feedback 14 gibt dem Prüfer (Versuchsleiter, Testleiter) 4 eine objektive Rückmeldung über die Testleistung. Die Hörhilfevorrichtung 2 wird anhand der Testergebnisse oder bestimmten Hörschwellen eingestellt oder angepasst.

Die Figur 2 zeigt in einer vereinfachten und schematischen Darstellung den prinzipiellen Aufbau einer Hörvorrichtung 2.

Die Hörvorrichtung 2 ist insbesondere als eine Hörhilfevorrichtung in Form eines Hörsystems mit einem Hörgerät 16 und mit einem externen Zusatzgerät in Form eines Anzeige- und Bediengeräts 6 ausgeführt. Das Hörgerät 16 ist hierbei beispielhaft als Hinter-dem-Ohr-Hörhilfegerät (HdO) ausgestaltet. Das Hörgerät 16 kann insbesondere ein OTC-Hörgerät sein. Das Hörgerät 16 und das Anzeige- und Bediengerät 6 sind mittels einer drahtlosen Kommunikationsverbindung 18 signaltechnisch miteinander gekoppelt. Die Kommunikationsverbindung 18 ist vorzugsweise als eine Funkverbindung, beispielsweise als eine Bluetooth- oder RFID-Verbindung, ausgeführt.

Das Hörgerät 16 umfasst, wie in der Figur 2 schematisch dargestellt, ein Gerätegehäuse 20, in welches ein oder mehrere Mikrofone 22, auch als akusto-elektri- sche (Eingangs-)Wandler bezeichnet, eingebaut sind. Mit den Mikrofonen 22 wird der Schall beziehungsweise die akustischen Signale in der Umgebung aufgenommen und in ein elektrisches Audiosignal gewandelt.

Das Audiosignal wird von einer Signalverarbeitungseinrichtung 24, welche ebenfalls in dem Gerätegehäuse 20 angeordnet ist, verarbeitet. Anhand des Audiosignals erzeugt die Signalverarbeitungseinrichtung 24 ein Ausgangssignal, welches an einen Lautsprecher beziehungsweise Hörer 26 geleitet wird. Der Hörer 26 ist hierbei als ein elektro-akustischer (Ausgangs-)Wandler ausgeführt, welcher das elektrische Ausgangssignal in ein akustisches Signal wandelt und ausgibt. Bei dem HdO-Hörgerät 16 wird das akustische Signal gegebenenfalls über einen nicht näher dargestellten Schallschlauch oder externen Hörer, der mit einer im Gehörgang einsitzenden Otoplastik, zum Trommelfell eines Hörhilfevorrichtungsnutzers übertragen. Es ist aber auch beispielsweise ein elektro-mechanischer Wandler als Hörer 26 denkbar, wie beispielsweise bei einem Knochenleitungshörer.

Die Energieversorgung des Hörgeräts 16 und insbesondere der Signalverarbeitungseinrichtung 24 erfolgt mittels einer in dem Gerätegehäuse 20 aufgenommenen Batterie 28.

Die Signalverarbeitungseinrichtung 24 ist signaltechnisch an einen Bewegungssensor 30 des Hörgeräts 16 gekoppelt. Der Bewegungssensor 30 ist zur Erfassung von Bewegungen des Hörvorrichtungsnutzers 10 vorgesehen und eingerichtet. Der Bewegungssensor 30 ist dazu vorgesehen und eingerichtet dreidimensionale Bewegungen, insbesondere translatorische und/oder rotatorische Bewegungen, zu erfassen. Der Bewegungssensor 30 ist hierbei beispielsweise als ein Beschleunigungsmesser und/oder als ein Gyroskop, also als ein gyroskopischer (Lage-)Sensor, ausgebildet. Der Bewegungssensor 30 kann alternativ auch ein Lichtsensor zur Erfassung von Lichtsignalen in einer Umgebung des Hörgeräts 16, oder ein Puls- oder Blutdrucksensor zur Erfassung von Puls- oder Blutdruckänderungen des Hörvorrichtungsnutzers 10 sein. Ebenso möglich ist ein Bewegungssensor 30, welcher eine Kombination aus Beschleunigungsmesser und/oder Gyroskop und/oder Pulssensor und/oder Blutdrucksensor und/oder Lichtsensor aufweist.

Die Signalverarbeitungseinrichtung 24 ist weiterhin signaltechnisch an einen Transceiver 32 des Hörgeräts 16 geführt. Der Transceiver 32 dient zum Senden und Empfangen von drahtlosen Signalen mittels der Kommunikationsverbindung 18. Der Transceiver 32 kann hierbei beispielsweise als eine Induktionsspule ausgeführt sein.

In dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 ist ein separates, mobiles, Bedien- und Anzeigegerät 6 mittels der Kommunikationsverbindung 18 signaltechnisch mit dem Hörgerät 16 gekoppelt. Bei dem schematisch dargestellten Bedien- und Anzeigegerät 6 handelt es sich insbesondere um ein Smartphone. Das Smartphone 6 weist eine berührungssensitive Anzeigeeinheit (Display) 34 auf, welche nachfolgend auch als Touchscreen bezeichnet wird. Das Smartphone 6 weist weiterhin zumindest einen Lautsprecher 36 zum Aussenden von akustischen Signalen auf.

Die signaltechnische Kopplung zwischen dem Smartphone 6 und dem Transceiver 32 des Hörgeräts 16 erfolgt hierbei über einen entsprechenden - nicht näher bezeichneten - integrierten Transceiver, beispielsweise einer Funk- oder Radioantenne, des Smartphones 6.

Das Smartphone 6 weist einen integrierten Controller auf, welcher im Wesentlichen durch einen Mikrocontroller mit einer implementierten Anwendungssoftware 38 gebildet ist. Die Anwendungssoftware 38 ist vorzugsweise eine Mobile-App beziehungsweise eine Smartphone-App, die in einem Datenspeicher des Controllers hinterlegt ist. Der Controller stellt im Betrieb die Anwendungssoftware 38 auf dem Touchscreen 34 dar, wobei die Anwendungssoftware 38 mittels der berührungssensitiven Oberfläche des Touchscreens 34 durch einen Hörvorrichtungsnutzer 10 bedienbar ist.

Nachfolgend ist ein zweites Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Anpassen der Hörhilfevorrichtung 2 an die Hörbedürfnisse des Hörvorrichtungsnutzers 10 erläutert.

Der Kerngedanke des Verfahrens ist ein Bewegungssensor im Hörgerät 16 (bevorzugt, kann aber auch beispielsweise in ein Zusatzgerät wie dem Smartphone 6 integriert sein), mittels welchem ein Rhythmus oder Takt (bzw. die Veränderungen von ersterem) der Reaktion einer Testperson 10 auf verschiedene Testsignale oder Töne (Lautstärke & Frequenz) erfasst werden. Die Testsignale werden die von einem internen Testsignal- oder Tongenerator (Hörer 26) des Hörgeräts 16 wiedergegeben (bevorzugt, alternativ kann aber auch ein Zusatzgerät zur Tonerzeugung vorgesehen sein). Aus den Testsignalen und den erfassten Körperbewegungen werden verfahrensgemäß Rückschlüsse auf die Hörschwelle der Testperson 10 geschlossen. Eine visuelle Darstellung der eigenen Bewegung in Echtzeit (mit einem hüpfenden Punkt oder einer Computerpuppe) auf der Anzeigeeinheit bzw. dem Touchdisplay 24 erhöht die Bereitschaft und Aufmerksamkeit für den Test.

Eine Schwerpunktgruppe für die Anwendung sind Kinder und Jugendliche, die für eine solche bewegungsbasierte Audiometrie im Vergleich zur klassischen Audiometrie leichter zu motivieren sind.

Das nachfolgend erläuterte Verfahren ist auch für den OTC/SF-Fall für Jugendliche oder Erwachsene geeignet, um die Hörschwelle zu bestimmen. In diesem Fall ist die Testperson 10 auch der Testleiter 4. Hierbei wird als Hörvorrichtung 2 das Hörgerät 16 mit dem integrierten Bewegungssensor 30 und einem Tongenerator 26 sowie ein Smartphone/Tablet als Bedien- und Anzeigegerät 6 mit einer drahtlosen Verbindung 18 zum Hörgerät 16 verwendet. In einer Ausführungsform könnte ein professioneller Testleiter (z. B. ein Hörgeräteakustiker, ...) auch über die Anwendungssoftware 38 aus der Feme verbunden werden, oder nur bei Bedarf im Falle eines Ausfalls.

Die Testperson 10 trägt das Hörgerät 16, das mit dem Smartphone/Tablet 6 verbunden ist. Über die Anwendungssoftware 38 startet der Prüfer 4 die Bewegungsaudiometrie. Die Anwendungssoftware 38 parametrisiert den Tongenerator 26 in dem Hörgerät 16 so, dass er Töne in einer rhythmischen Weise abspielt. Der Rhythmus selbst ändert sich mit der Zeit auf unvorhersehbare Weise. Zusammen mit der Rhythmusänderung ändert sich auch die Lautstärke des Tons. Dies ist beispielsweise in der Fig. 3 gezeigt.

Die Fig. 3 zeigt Sätze von Testtönen, die Kombinationen von Pegel und rhythmischem Muster darstellen. In der Fig. 3 sind drei Rhythmus-Lautstärke-Diagramme gezeigt, wobei horizontal, also entlang der Abszissenachse (X-Achse), jeweils die Zeit t, und entlang der vertikalen Ordinatenachse (Y-Achse) jeweils eine Lautstärke L, beispielsweise in Dezibel (dB), aufgetragen. Die Testsignale oder Teststimuli 8 sind als Kreise mit Bezugslinien zur Zeitachse, die Bewegungssensordaten 12 als Rechtecke, und die Hörschwelle HS als horizontale gestrichelte Linie gezeigt. In der Figur 3 sind die Teststimuli 8 und Bewegungssensordaten 12 lediglich beispielhaft mit Bezugszeichen versehen.

In der rechten oberen und linken unteren Darstellung der Fig. 3 sind Bewegungssensordaten (motion reaction) 12 über die Bewegung der Testperson, die denselben Rhythmus wie der hörbare Satz zeigt, dargestellt. Durch Variation des Pegels der Sets kann die Hörschwelle HS abgeleitet werden. Teststimuli 8 welche mit entsprechenden Bewegungssensordaten 12 korrelieren werden als hör- oder wahrnehmbar, also als oberhalb der Hörschwelle HS, klassifiziert, wobei Teststimuli 8 ohne zugeordnete oder zuordenbare Bewegungssensordaten 12 als nicht hör- oder wahrnehmbar, also als unterhalb der Hörschwelle HS, klassifiziert werden. Durch Variierung der Lautstärke L der Teststimuli 8 und Auswertung der Bewegungssensordaten 12 kann daher sukzessive die Lage der Hörschwelle HS bestimmt werden. Die Testperson 10 soll Bewegungen in Übereinstimmung mit der Tonwiedergabe ausführen. Dies kann ein einfaches Auf-Ab oder Wippen mit dem ganzen Körper oder nur dem Kopf sein. Der Bewegungssensor 30 verfolgt die Bewegung der Testperson 10 und sendet die Daten an das verbundene Smartphone 6 bzw. die Anwendungssoftware 38 zur Echtzeit-Visualisierung der eigenen Bewegung auf dem Display 34. Die Bewegungssensordaten 12 werden ausgewertet - speziell die Bewegungsfrequenz, entweder in der Anwendungssoftware 38 oder bereits im Hörgerät 16.

Es ist nicht zwingend notwendig (aber natürlich hilfreich für die automatische Analyse), dass Bewegung und Töne synchronisiert sind. Wichtig ist, dass sich die Bewegungsfrequenz der Testperson 10 mit den Tonreizen ändert. Optional kann vor dem Test eine kurze Trainingssequenz durchgeführt werden, um die Fähigkeit der Testperson 10 zu beurteilen, auf die Veränderungen des Reizmusters in Bezug auf Regelmäßigkeit und Synchronität des Bewegungsmusters sowie die Reaktionszeit zu reagieren: 'Wie schnell reagiert die Testperson auf Veränderungen". Diese Parameter könnten dazu verwendet werden, das Testverfahren und die Analysen auf die einzelne Testperson 10 abzustimmen.

Wenn eine Änderung des Bewegungsmusters (z. B. der Frequenz) festgestellt werden kann, wird daraus geschlossen, dass die Testperson 10 den Ton in der dargebotenen Lautstärke noch hören kann und die Hörschwelle HS nicht erreicht ist. Die Bewegungsaudiometrie wird fortgesetzt und der Pegel der Tonreize für den nächsten Rhythm uswechsel reduziert.

Ändert sich das Bewegungsmuster (z. B. die Frequenz) nicht oder kann überhaupt keine Bewegung festgestellt werden, so ist die Schlussfolgerung, dass die Testperson 10 nicht in der Lage ist, den Ton in der dargebotenen Lautstärke zu hören und dass die Hörschwelle HS unterschritten ist. Die Bewegungsaudiometrie wird fortgesetzt und der Pegel des Tonreizes für den nächsten Rhythm uswechsel erhöht. Diese Schritte (Bewegungsanalysen, Pegelabsenkung oder -erhöhung) werden so lange wiederholt, bis die Differenz zwischen dem Ton mit dem leisesten hörbaren Pegel und dem Ton mit dem stärksten nicht hörbaren Pegel unter einer bestimmten (parametrisierbaren) Schwelle liegt. Die Schwellenwerte können z.B. unter 6 dB, 3 dB, 1 dB liegen. Die Hörschwelle des Probanden liegt zwischen diesen Pegeln.

Dieser Vorgang ist für verschiedene Tonfrequenzen zu wiederholen, um die Hörschwelle zu ermitteln. Die ermittelte Hörschwelle wird für die weitere Verwendung gespeichert werden, z. B. für die (Erst-)Anpassung und/oder die Feinabstimmung der HA-Parameter.

Die beanspruchte Erfindung ist nicht auf die vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt. Vielmehr können auch andere Varianten der Erfindung von dem Fachmann hieraus im Rahmen der offenbarten Ansprüche abgeleitet werden, ohne den Gegenstand der beanspruchten Erfindung zu verlassen. Insbesondere sind ferner alle im Zusammenhang mit den verschiedenen Ausführungsbeispielen beschriebenen Einzelmerkmale im Rahmen der offenbarten Ansprüche auch auf andere Weise kombinierbar, ohne den Gegenstand der beanspruchten Erfindung zu verlassen.

Bezugszeichenliste

2 Hörvorrichtung

4 Prüfer

6 Bedien- und Anzeigegerät/Smartphone

8 Testsignal

10 Hörvorrichtungsnutzer

12 Bewegungssensordaten

14 Feedback

16 Hörgerät

18 Kommunikationsverbindung

20 Gerätegehäuse

22 Mikrofon

24 Signalverarbeitungseinrichtung

26 Hörer

28 Batterie

30 Bewegungssensor

32 Transceiver

34 Anzeigeeinheit

36 Lautsprecher

38 Anwendungssoftware t Zeit

L Lautstärke

HS Hörschwelle