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Patent Searching and Data


Title:
PROCESS FOR PRODUCING TAURINE
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/094010
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a process for producing taurine from O-acetyl-L-serine (OAS) by way of biotransformation. In a first process step (biotransformation 1), L-cysteic acid is produced from O-acetyl-L-serine (OAS) using an enzyme selected from the group of OAS sulfhydrylases (EC 4.2.99.8) in the presence of a sulfurous acid salt and subsequently, in a second process step (biotransformation 2), L-cysteic acid is decarboxylated to form taurine. This type of biotransformation provides taurine.

Inventors:
PFALLER RUPERT (DE)
WICH GÜNTER (DE)
Application Number:
PCT/EP2021/083369
Publication Date:
June 01, 2023
Filing Date:
November 29, 2021
Export Citation:
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Assignee:
WACKER CHEMIE AG (DE)
International Classes:
C12P13/00; C12N9/88; C12P11/00; C12P13/04
Domestic Patent References:
WO2017083351A12017-05-18
WO2017213142A12017-12-14
WO2017176277A12017-10-12
WO2019094051A12019-05-16
Foreign References:
US9267148B22016-02-23
US20120222148A12012-08-30
US20180028474A12018-02-01
US20190085339A12019-03-21
US20190062757A12019-02-28
EP1191106B12004-04-28
EP1247869B12006-10-04
EP1233067B12004-05-26
EP1233067A12002-08-21
EP2670837A12013-12-11
Other References:
ONO, K. ET AL.: "Synthesis of L-cysteine derivatives containing stable sulfur isotopes and application of this synthesis to reactive sulfur metabolome", FREE RADICAL BIOLOGY & MEDICINE, vol. 106, 9 February 2017 (2017-02-09), pages 69 - 79, XP029960555, DOI: 10.1016/J.FREERADBIOMED.2017.02.023
SALZEDAVIS, AQUACULTURE, vol. 437, 2015, pages 215 - 229
RIPPSSHEN, MOLECULAR VISION, vol. 18, 2012, pages 2673 - 2686
CAS, no. 207121-48-0
CAS , no. 23537-25-9
HONJOH ET AL., AMINO ACIDS, vol. 38, 2010, pages 1173 - 1183
TEVATIA ET AL., ALGAL RESEARCH, vol. 40, 2019, pages 101491
JOO ET AL., J. AGRIC. FOOD CHEM., vol. 66, 2018, pages 13454 - 13463
TAI ET AL., BIOCHEMISTRY, vol. 34, 1995, pages 12311 - 12322
SIEPER ET AL., RAPID COMMUN. MASS SPECTROM., vol. 20, 2006, pages 2521 - 2527
"Genbank", Database accession no. AB220585.1
GAITONDE, BIOCHEM. J., vol. 104, 1967, pages 627 - 633
"GenBank", Database accession no. M77749.1.
Attorney, Agent or Firm:
BELZ, Ferdinand et al. (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Taurin aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mittels Biotransformation, wobei i) in einem 1. Verfahrensschritt (Biotransformation 1) L- Cysteinsäure aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mit einem Enzym ausgewählt aus der Klasse der OAS-Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) in Gegenwart eines Salzes der schwefligen Säure hergestellt wird und anschließend ii) in einem 2. Verfahrensschritt (Biotransformation 2) L- Cysteinsäure zu Taurin decarboxyliert wird.

2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der OAS-Sulfhydrylase um ein bakterielles Enzym handelt .

3. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die OAS-Sulfhydrylase aus fermentativer Herstellung stammt.

4. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3 dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration des Salzes der schwefligen Säure mindestens in äquimolarer Konzentration zu OAS vorliegt.

5. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass zur Decarboxylierung von L- Cysteinsäure zu Taurin ein Enzym aus der Klasse der L- Cysteinsulf insäure-Decarboxylasen (EC 4.1.1.29) , der Aspartat-l-Decarboxylasen (EC 4.1.1.11) oder Glutamat- Decarboxylasen (EC 4.1.1.15) eingesetzt wird.

6. Verfahren gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der L-Cysteinsulf insäure-Decarboxylase um SEQ ID NO: 2 oder eine zu dieser Sequenz homologe Sequenz handelt.

7. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die L- Cysteinsulf insäure- Decarboxylase aus fermentativer Herstellung stammt.

8. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass a) OAS durch Fermentation hergestellt wird, b) die Enzyme aus der Klasse der OAS-Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) und der Klasse der Cysteinsulf insäure Decarboxylasen (EC 4.1.1.29) durch Fermentation hergestellt werden, c) OAS und ein Salz der schwefligen Säure unter enzymatischer Katalyse der OAS-Sulfhydrylase aus Punkt b zu L-Cysteinsäure reagieren und d) L-Cysteinsäure aus Punkt c durch das CSAD-Enzyms aus Punkt b zu Taurin decarboxyliert wird.

9. Verfahren gemäß Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass alle Verfahrensschritte in einem Reaktionsansatz statt finden .

10. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die molare Ausbeute an Taurin aus der Biotransformation von L-Cysteinsäure in Biotransformation 2 bevorzugt mindestens 60 % beträgt.

Description:
Verfahren zur Herstellung von Taurin

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Taurin aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mittels Biotrans format ion, wobei in einem 1. Verfahrensschritt (Biotransformation 1) L- Cysteinsäure aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mit einem Enzym ausgewählt aus der Klasse der OAS-Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) in Gegenwart eines Salzes der schwefligen Säure hergestellt wird und anschließend in einem 2. Verfahrensschritt (Biotransformation 2) L-Cysteinsäure zu Taurin decarboxyliert wird. Durch diese Biotransformation wird Taurin zur Verfügung gestellt .

Taurin (2-Aminoethansulfonsäure, CAS-Nummer 107-35-7) ist eine Aminosulfonsäure, die natürlicherweise in der Natur als Abbauprodukt der Aminosäuren Cystein und Methionin vorkommt. Taurin ist Bestandteil von Energiedrinks und wird auch in der Tiernahrung, z.B. für Katzen oder in der Fischzucht (Salze and Davis (2015) Aquaculture 437: 215-229) , eingesetzt. Taurin werden jedoch auch gesundheitsfördernde Effekte zugeschrieben (Ripps and Shen (2012) , Molecular Vision 18: 2673-2686) .

In der Natur kommt Taurin fast ausschließlich im Tierreich vor, mit nur wenigen Beispielen für ein Vorkommen in Bakterien, Algen oder Pflanzen. Es gibt verschiedene biosynthetische Wege zum Taurin (für eine Übersicht siehe z.B. die KEGG Pathway Datenbank: „Taurine and hypotaurine metabolism") , u.a. ausgehend von L-Cystein. Die wichtigsten Syntheseschritte, die von L-Cystein zu Taurin führen, sind in den Gleichungen (1) bis (5) dargestellt.

(1) L-Cystein + O2 -> L-Cysteinsulf insäure

(2) L-Cysteinsulf insäure + 5 O2 -> L-Cysteinsäure

(3) L-Cysteinsulf insäure -> Hypotaurin + CO2

(4) Hypotaurin + 5 O2 -> Taurin

(5) L-Cysteinsäure -> Taurin + CO2 (1) In einem ersten Schritt wird L-Cystein durch das Enzym Cysteindioxygenase (CDO, EC 1.13.11.20) zu L- Cysteinsulf insäure ( 3-Sulf inoalanin, CAS Nummer 207121-48-0) oxidiert .

(2) Cysteinsulf inatoxidase (bisher ein eher hypothetischer enzymatischer Schritt) oxidiert L-Cysteinsulf insäure weiter zur L-Cysteinsäure ( (R) -2-Amino-3-sulfopropionsäure, CAS Nummer 23537-25-9) .

(3) Cysteinsulf insäure Decarboxylase (CSAD, EC 4.1.1.29) decarboxyliert L-Cysteinsulf insäure zu Hypotaurin (2- Aminoethansulf insäure, CAS Nummer 300-84-5) .

(4) Bisher nicht vollständig geklärt, wird Hypotaurin zu Taurin oxidiert.

(5) In einem Schritt ähnlich wie (3) wird L-Cysteinsäure durch geeignete CSAD-Enzyme zu Taurin decarboxyliert.

Für den kommerziellen Gebrauch wird Taurin z.Z. chemisch hergestellt. Bekannt ist z.B. ein Verfahren der Fa . Changshu Yudong Chemical Factory, das von Ethylen ausgeht und über Ethylenimin zum Taurin führt. Mit dem von Konsumentenwünschen beförderten Trend weg von chemisch hergestellten zu nachhaltig hergestellten Inhaltsstoffen werden zunehmend biotechnologische Verfahren zur Herstellung von Taurin untersucht. Der Stand der Technik stützt sich auf Metabolie Engineering Ansätze, bei denen geeignete Biosynthesegene heterolog in einem Produktionsstamm exprimiert werden und Taurin oder seinen biosynthetischen Vorläufer Hypotaurin produzieren .

Honjoh et al. (2010) , Amino Acids 38: 173-1183 beschreiben einen gentechnisch veränderten Hefestamm, der die CDO- und CSAD-Gene aus Karpfen (Cyprinus carpio) heterolog exprimiert. Wurde der Anzucht des gentechnisch veränderten Stammes L- Cystein zugesetzt, dann konnte die Produktion von Hypotaurin als Hauptprodukt und daneben ein geringerer Anteil an Taurin beobachtet werden. Hypotaurin konnte durch Behandlung mit H2O2 zu Taurin oxidiert werden. Obwohl S. cerevisiae an sich in der Lage ist, Cystein aus seinem eigenen Stoffwechsel zu produzieren, war die externe Zugabe von L-Cystein in das Anzuchtmedium erforderlich, um Hypotaurin und Taurin zu produzieren .

Tevatia et al. (2019) , Algal Research 40: 101491, setzen ebenfalls heterolog exprimierte CDO- und CSAD-Gene aus Karpfen zur Produktion von Taurin in der Alge Chlamydomonas reinhardtii ein. Die intrazelluläre Taurinausbeute betrug 0,14 mg Taurin/g Trockenbiomasse.

Joo et al. (2018) , J. Agric. Food Chem. 66: 13454 - 13463, beschreiben einen gentechnisch veränderten Stamm des Bakteriums Corynebakteri um glutamicum mit einer Produktionsleistung von 0,5 g/L Taurin in der Anzucht im Schüttelkolben. Dabei wurde Taurin offensichtlich intrazellulär angehäuft und nicht in das Anzuchtmedium sekretiert. Zur Synthese von Taurin wurden in dem Stamm die Gene einer L-Cysteinsäuresynthase, einer Cystein Dioxygenase und einer L-Cysteinsulf insäure Decarboxylase heterolog exprimiert. Weiterhin wurde ein Repressorgen der Methionin- und Cystein-Biosynthese inaktiviert, was gleichzeitig eine verbesserte Schwefelaufnahme bewirkte. Neben der geringen Ausbeute ist es im Hinblick auf die Produktisolierung als grundsätzlicher Nachteil anzusehen, dass Taurin intrazellulär produziert wird. Dies erfordert den aufwendigen Aufschluss der Zellen, um das Taurin für die weitere Verarbeitung freizusetzen .

WO17213142A1 (Ajinomoto) beschreibt einen Taurinproduzierenden Stamm, der durch heterologe Expression einer Cystein Dioxygenase und einer L-Cysteinsulf insäure Decarboxylase in einem zur Cysteinproduktion befähigten Stamm erhalten wurde. Hauptprodukt war Hypotaurin mit max. 450 pM Ausbeute, das nur durch nachträgliche alkalische Behandlung und auch nur in geringer Ausbeute zu Taurin umgewandelt werden konnte . US9267148B2, US2012 / 02221 8A1 , US2018 / 0028474A1 , US2019/0085339, WO2017 / 176277A1 und W02019/094051 (Plant Sensory Systems) beschreiben Taurin-produzierende Stämme und Organismen, die in verschiedenen Formen die heterologe Expression einer Cystein Dioxygenase und einer L- Cysteinsulf insäure Decarboxylase umfassen. Die Anmeldungen zielen hauptsächlich auf die Produktion von Taurin in Pflanzen ab, wobei keine Aussagen über Ausbeuten gemacht werden.

US20190062757A1 (KnipBio) beschreibt heterologe Produktionsstämme zur Herstellung von Taurin oder seiner Vorläufer subs tanz en .

Der Stand der Technik offenbart somit verschiedene Metabolie Engineering-Ansätze, um Hypotaurin, bzw. Taurin in heterologen Produktionssystemen herzustellen. Sofern die Metabolie Engineering-Ansätze Produktausbeuten offenbaren, sind diese für den technischen Einsatz zu gering.

Der Stand der Technik stellt weiterhin Verfahren zur Herstellung nicht-proteinogener (unnatürlicher) Aminosäuren bereit, z.B. durch direkte Fermentation von Mikroorganismen

(EP 1 191 106 Bl, Wacker) oder durch O-Acetyl-L-Serin- Sulfhydrylase (OAS-Sulfhydrylase) katalysierte Biotransformation von OAS (EP 1 247 869 Bl, Wacker) . Die Verfahren beruhen darauf, dass eine OAS-Sulfhydrylase die Reaktion von OAS mit einem Nucleophil zu einer nichtproteinogenen Aminosäure katalysiert nach der allgemeinen Gleichung ( 6 ) :

(6) OAS + Nucleophil -> unnat . Aminosäure + Acetat

In EP 1 247 869 Bl (Wacker) wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Nucleophile auf ihre Eignung als Nucleophil für die durch eine OAS-Sulfhydrylase katalysierte Reaktion mit OAS untersucht, darunter Selenide, Seiend, Azide, Cyanide, Azole und Isoxazolinone . Außerdem wurden auch Schwefelverbindungen aus der Gruppe der Thiosulfate und Thiole der allg. Formel H-S-R verwendet, wobei der Rest R ein einwertiger substituierter oder nicht substituierter Alkyl-, Alkoxy-, Aryl- oder Heteroarylrest war.

Diese Verfahren sind nicht zur Herstellung von L-Cysteinsäure und/oder Taurin geeignet.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, unter Umgehung eines durch Metabolie Engineering erzeugten heterologen Produktionsstammes ein biotechnologisches Verfahren zur Herstellung von Taurin durch Biotransformationen bereitzustellen.

Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung von Taurin aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mittels Biotransformation, wobei in einem 1. Verfahrensschritt (Biotransformation 1) L-Cysteinsäure aus O-Acetyl-L-Serin (OAS) mit einem Enzym ausgewählt aus der Klasse der OAS- Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) in Gegenwart eines Salzes der schwefligen Säure hergestellt wird und anschließend in einem 2. Verfahrensschritt (Biotransformation 2) L-Cysteinsäure zu Taurin decarboxyliert wird.

Wie in der begleitenden Anmeldung Col2102 und den Beispielen der vorliegenden Erfindung offenbart, wurde überraschend gefunden, dass sich Salze der schwefligen Säure (im Folgenden als Sulfite bzw. SO3 2 - bezeichnet) als Nucleophil in Reaktion

(6) eignen und in Erweiterung von EP 1 247 869 Bl (Wacker) in einer bisher nicht bekannten Reaktion entsprechend Gleichung

(7) die Synthese der nicht-proteinogenen Aminosäure L- Cysteinsäure ermöglichen (Biotransformation 1) .

(7) OAS + SO3 2 -> L-Cysteinsäure + Acetat Die in der Biotrans formation 1 hergestellte L-Cysteinsäure konnte ebenso unerwartet ohne weitere Aufarbeitung entsprechend Gleichung ( 5 ) durch ein rekombinant hergestelltes CSAD-Enzym zu Taurin decarboxyliert werden . (Biotrans formation 2 ) .

Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von Taurin ist , dass es sich um ein nachhaltiges und technisch umsetzbares wirtschaftliches Biotrans formationsverfahren zur Herstellung von Taurin handelt . Auf umweltgefährdende Chemikalien kann verzichtet werden . Es werden keine Rohstof fe fossiler Herkunft verbraucht und es fallen keine gi ftigen chemischen Abfälle und/oder Abgase an . Das Herstellverfahren der vorliegenden Erfindung ist daher umweltschonend und nachhaltig . Zudem verlangt das Verfahren weder extreme Reaktionsbedingungen noch spezielle Anlagen und ist daher leicht technisch umsetzbar . Solche Verfahren werden verstärkt nachgefragt .

Taurin aus dem erfindungsgemäßen Verfahren kann entweder ohne weitere Aufarbeitungsschritte direkt weiterverwendet oder aber mittels bekannter Methoden angereichert werden .

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden Herstellverfahren wie folgt unterschieden :

1 . Chemische Verfahren

2 . Biotechnologische Verfahren : a ) durch metaboli c engineering Metaboli e Engineering ( auch „Pa thwaydesi gn" genannt ) ist im Gegensatz zur Biotrans formation eine Methode der Biotechnologie , bei der Stof fwechselwege eines Organismus durch Optimierung, bzw . Veränderung genetischer und regulatorischer Prozesse verändert werden . Dabei können durch Ergänzung des Genoms mit Genen von Enzymen neue oder veränderte Enzyme in einen Organismus eingeführt werden, bzw. Gene endogener Enzyme verstärkt oder abgeschwächt exprimiert werden und dadurch neue Stoffwechselwege in einem Organismus etabliert oder bestehende Stoffwechselwege verstärkt oder abgeschwächt werden. Ziel des Metabolie Engineering ist, dass der Organismus ein Stoffwechselprodukt entweder neu oder ein zelleigenes Stoffwechselprodukt mit erhöhter Ausbeute produziert. In ein Metabolie Engineering-Verfahren werden keine für das Stoffwechselprodukt spezifischen Ausgangsstoffe wie ein Enzymsubstrat, wie z.B. OAS in der vorliegenden Erfindung, eingesetzt, sondern lediglich ein Nährstoffmedium, auch bezeichnet als Anzuchtmedium, welches für das Wachstum des betreffenden Organismus erforderlich ist und zusammengesetzt ist aus einer C- Quelle (z.B. Glucose) , einer N-Quelle (z.B. ein Ammoniumsalz oder ein komplexes Aminosäuregemisch wie z.B. Pepton oder Hefeextrakt) und weiteren für das Wachstum erforderlichen Salzen. Solche Nährstoffmedien sind dem Fachmann aus der mikrobiologischen Praxis bekannt . b) durch Biotransformation Biotransformation ist definiert als Überführung eines oder mehrerer Edukte in ein Produkt unter enzymatischer Katalyse, wobei das Enzymsubstrat mit dem Enzym in einen Reaktionsansatz gegeben wird. Im Reaktionsansatz wird das zugesetzte Enzymsubstrat, wie in der vorliegenden Erfindung OAS, bzw. L-Cysteinsäure, enzymatisch umgesetzt. Dies geschieht in der vorliegenden Erfindung für OAS durch ein Enzym ausgewählt aus der Klasse der OAS-Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) in Gegenwart eines Salzes der schwefligen Säure) , entsprechend Gleichung (7) und für L-Cysteinsäure durch ein Enzym ausgewählt aus der Klasse der Cysteinsulf insäure-Decarboxylasen (CSAD, EC 4.1.1.29) , entsprechend Gleichung (5) . Das oder die Edukte können dabei aus chemischer oder biotechnologischer Herstellung stammen. Das im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte OAS kann z.B. aus chemischer Synthese oder aus biotechnologischer Produktion durch Fermentation eines Produktionsstammes stammen . Die im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte L-Cysteinsäure kann z . B . aus chemischer Synthese oder aus biotechnologischer Produktion durch Biotrans formation von OAS stammen . Das oder die für die enzymatische Katalyse eingesetzten Enzyme stammen dabei entweder aus biotechnologischer Herstellung durch Anzucht von Produktionsstämmen, z . B . durch Fermentation oder es wird biologisches Material verwendet , welches das oder die Enzyme enthält ( z . B . Pflanzen, Pil ze , Algen, tierische Organe ) . Dabei kann die Biomasse aus der Anzucht des Produktionsstammes , bzw . das biologische Material direkt verwendet werden oder das Enzym wird j e nach Erfordernissen der Biotrans formation daraus isoliert . Die im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten Enzyme CysM und CSADcc stammen aus biotechnologischer Herstellung durch Fermentation eines Produktionsstammes .

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist ein Reaktionsansatz definiert als eine Mischung aus Edukt (Ausgangsstof f ) , Enzym und ggf . weiteren Reaktanden, bei dem das Edukt in ein Produkt überführt wird .

Die Ausbeute der Reaktion im Sinne der Erfindung ist definiert als die Menge des eingesetzten Edukts , welches unter Reaktionsbedingungen zum Produkt umgewandelt wird . Die Ausbeute kann angegeben werden in absoluter Menge ( g oder mmol ) , als Volumenausbeute in absoluter, auf das Volumen bezogene Menge Produkt (mM oder g/L ) oder als relative Ausbeute von Produkt in Prozent des eingesetzten Edukts (unter Berücksichtigung der Molekulargewichte des Edukts und des Produkts ) , auch bezeichnet als prozentuale Ausbeute .

Fermentation ist ein Verfahrensschritt zur Herstellung (Kultivierung) von Zellkulturen im technischen Maßstab, bei dem ein bevorzugt mikrobieller Produktionsstamm unter definierten Bedingungen von Kulturmedium, Temperatur, pH, Sauerstof f zufuhr und Mediumdurchmischung zum Wachstum gebracht wird . Ziel der Fermentation ist , abhängig von der Konfiguration ( genetischen Ausstattung) des Produktionsstammes , die Produktion eines Proteins/Enzyms oder eines Stof fwechselprodukts , j eweils mit möglichst hoher Ausbeute für die weitere Verwendung . Die Komponenten des erfindungsgemäßen Verfahrens , OAS , OAS-Sul fhydrylase und Cysteinsul f insäure Decarboxylase können durch Fermentation hergestellt werden . Endprodukt der Fermentation ist eine Fermenterbrühe , bestehend aus der Biomasse der Zellen des Produktionsstammes ( Fermenterzellen) und dem von der Biomasse befreiten Fermentationsmedium ( Fermentationsüberstand) , das sich im Verlauf der Fermentation aus dem Anzuchtmedium und den von den Fermenterzellen sekretierten Stof fwechselprodukten gebildet hat . Die Zielprodukte der Fermentation können sich in den Fermenterzellen oder im Fermentationsmedium befinden . So findet sich OAS im Fermentationsmedium wieder, während die Enzyme OAS-Sul fhydrylase und CSADcc sich in den Fermenterzellen wiederf inden .

Als of fener Leserahmen ( open reading frame , ORF, gleichbedeutend mit cds , coding sequence ) wird derj enige Bereich der DNS bzw . RNS bezeichnet , der mit einem Startcodon beginnt und mit einem Stopcodon endet und für die Aminosäuresequenz eines Proteins codiert . Der ORF wird auch als codierende Region oder Strukturgen bezeichnet .

Als Gen wird der DNS-Abschnitt bezeichnet , der alle Grundinformationen zur Herstellung einer biologisch aktiven RNS enthält . Ein Gen enthält den DNS-Abschnitt , von dem durch Transkription eine einzelsträngige RNS-Kopie hergestellt wird und die Expressionssignale , die an der Regulation dieses Kopiervorgangs beteiligt sind . Zu den Expressionssignalen zählen z . B . mindestens ein Promotor, ein Transkriptions- , ein Translationsstart und eine Ribosomenbindestelle (RBS ) . Des Weiteren sind als Expressionssignale ein Terminator und ein oder mehrere Operatoren möglich .

Eine mRNS , auch messenger-RNS oder Boten-RNS genannt , ist eine einzelsträngige Ribonukleinsäure (RNS ) , welche die genetische Information für den Aufbau eines Proteins trägt . Mit einer mRNS steht die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein in einer Zelle zur Verfügung . Das mRNS-Molekül trägt die zum Proteinaufbau notwendige Botschaft aus der Erbinformation ( DNS ) an die proteinaufbauenden Ribosomen . In einer Zelle wird es gebildet als Transkript eines zu einem Gen gehörenden Teilabschnitts der DNS . Die in der DNS gespeicherte genetische Information wird dabei nicht verändert .

Gene eukaryotischer Organismen sind überwiegend sog . Mosaikgene und enthalten im Gegensatz zu prokaryotischen Genen auch nichtcodierende Abschnitte , sog . Introns ( engl . intrageni c regi ons) . Codierende Sequenzen, sog . Exons ( engl . expressed regi ons) sind DNS-Abschnitte eines eukaryotischen Gens , die nach der Transkription in RNS von den Ribosomen in die Aminosäure-Sequenz eines Proteins übersetzt werden . Die Introns werden nach der Transkription der DNS zur RNS aus dem Primärtranskript gespleißt . Die von Introns befreite proteincodierende RNS wird als messenger-RNS (mRNS ) , auch als „rei fe" mRNS bezeichnet . Diese wird weiteren Modi fikationen wie dem Capping und der Polyadenylierung unterzogen . Der codierende Bereich der rei fen mRNS wird dann in die Proteinsequenz übersetzt . Soll ein eukaryotisches Gen mit Exon/ Intronstruktur in prokaryotischen Organismen exprimiert werden, ist es notwendig, die Proteinsequenz oder den codierenden Bereich der rei fen mRNS in Intron- freie DNS zurückzuübersetzen, da bei Prokaryoten die Prozessierung der Exon/ Intronstruktur nicht stattfindet . Wenn im Rahmen dieser Erfindung von aus der Proteinsequenz oder von aus der mRNS abgel ei teten Gensequenzen die Rede ist , ist genau dieser Prozess der Rückübersetzung gemeint . Es ist bevorzugt , dass gleichzeitig mit der Rückübersetzung der Proteinsequenz oder der mRNS-Sequenz in DNS-Sequenz eine Sequenzoptimierung, d.h. Anpassung an die Codon-Nut zung des entsprechenden Prokaryoten erfolgt (Codon-Optimierung) .

Als Genkonstrukt wird ein DNS-Molekül bezeichnet, bei dem ein Gen verknüpft ist mit weiteren genetischen Elementen (z.B. Promotor, Terminator, Selektionsmarker, Replikationsursprung) . Ein Genkonstrukt im Rahmen der Erfindung ist ein zirkuläres DNS-Molekül und wird als Plasmid, Vektor, bzw. Expressionsvektor bezeichnet. Die genetischen Elemente des Genkonstrukts bewirken seine extrachromosomale Vererbung während des Zellwachstum sowie die Produktion des vom Gen codierten Proteins.

Die Abkürzung WT (Wt) bezeichnet den Wildtyp. Als Wildtyp-Gen wird die Form des Gens bezeichnet, die natürlicherweise durch die Evolution entstanden und im Wildtyp-Genom vorhanden ist. Die DNS-Sequenz von Wt-Genen ist in Datenbanken wie NCBI öffentlich zugänglich.

Biotransformation 1 :

Voraussetzung für das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Taurin ist die Verfügbarkeit von OAS . Denkbar sind chemische Verfahren zur Herstellung von OAS, z.B. durch Acetylierung von L-Serin, was aufgrund der hohen L-Serin- Preise teuer ist, oder auch die Herstellung des Racemats 0- Acetyl-D/L-Serin, das direkt verwendet werden kann, bzw. aus dem Racemat wird vorher OAS gewonnen, z.B. durch Racematspaltung . Bei der direkten Acetylierung kann N-Acetyl- L-Serin (NAS) als Nebenprodukt gebildet werden, z.B. durch nicht selektive Acetylierung an der Hydroxy- oder Aminogruppe von L-Serin oder die bekannte Umlagerung von OAS zu NAS bei neutralen bis alkalischen pH-Werten (Tai et al. (1995) , Biochemistry 34: 12311-12322) , was die Ausbeuten erniedrigt oder das vorherige Einführen einer Schutzgruppe an der Aminogruppe von L-Serin erfordert. Aus diesem Grund ist die direkte Acetylierung von L-Serin für ein wirtschaftliches Verfahren nicht praktikabel.

Bekannt ist die biotechnologische Herstellung von OAS . Hierbei kommen Organismen zum Einsatz, die einen deregulierten Cystein-Stof fwechsel aufweisen und deshalb einen hohen Spiegel an OAS bereitstellen . Ein fermentatives Verfahren zur Herstellung von OAS ist in EP 1 233 067 Bl (Wacker) offenbart bzw. im Beispiel 1 der vorliegenden Erfindung beschrieben.

Bevorzugt ist die biotechnologische Herstellung von OAS, insbesondere bevorzugt unter Verwendung des Escherichia coli (E. coli) Stammes W3110/pACYC-cysEX-GAPDH-ORF306 (Beispiel 1) , hinterlegt nach Budapester Vertrag bei der DSMZ Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (Braunschweig) unter der Nummer DSM 13495.

Ein Vorteil der vorliegenden Erfindung ist es, dass eine OAS- haltige Fermenterbrühe wie sie z.B. aus einer nach EP 1 233 067 durchgeführten Fermentation erhalten wird, als Fermentationsüberstand nach Abtrennen der partikulären Biomasse wie z.B. durch Zentrifugation ohne weitere

Auf arbeitungs- , Reinigungs- oder Isolierungsschritte wie u.a. Extraktion, Adsorption, Ionenaustauscher-Chromatographie, Präzipitation oder Kristallisation als OAS-Quelle direkt im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzt werden kann. Diese Vorgehensweise ist besonders ökonomisch und vermeidet die Isolierung einer instabilen Verbindung.

Der Fachmann kann mittels Isotopenanalyse feststellen, ob ein Stoff wie beispielsweise OAS oder L-Cysteinsäure, die er in das Verfahren einsetzen will, aus chemischer oder fermentativer Herstellung stammt. Ein zur Unterscheidung geeignetes Verfahren der Isotopenanalyse ist z.B. in Sieper et al., Rapid Commun. Mass Spectrom. (2006) 20: 2521-2527 beschrieben und beruht auf der Bestimmung der Isotopenverhältnisse für z.B. C oder N, welche verschieden sind, je nachdem ob ein Produkt aus chemischer (Erdölbasierter) oder fermentativer (aus Pf lanzen-basierten Rohstoffen) Herstellung stammt.

OAS-Sulfhydrylasen sind bisher aus verschiedenen Pflanzen und Mikroorganismen isoliert worden. In E. coli z.B. existieren zwei OAS-Sulfhydrylase-Enzyme, die als CysK und CysM bezeichnet werden. Die zugehörigen Gene sind ebenfalls bekannt und tragen die Bezeichnung cysK bzw. cysM.

OAS-Sulfhydrylasen im Sinne der vorliegenden Erfindung sind dadurch gekennzeichnet, dass sie die Synthese der proteinogenen Aminosäure L-Cystein aus OAS nach Gleichung (8) katalysieren können, wobei in diesem Fall Sulfid als Nucleophil dient. Sowohl zu CysM- als auch zu CysK- verwandte Enzyme sind daher OAS-Sulfhydrylasen im Sinne der vorliegenden Erfindung .

(8) OAS + S 2 ~ -> L-Cystein + Acetat

Obwohl beide Enzyme einen sehr ähnlichen Reaktionsmechanismus besitzen und an der Biosynthese von L-Cystein beteiligt sind, besitzt CysM im Gegensatz zu CysK ein variables Substratspektrum bezüglich des Nucleophils, das nach Gleichung (6) mit OAS reagieren kann. Von CysM ist z.B. bekannt, dass es im Gegensatz zu CysK in der Lage ist, eine Reaktion von OAS mit Thiosulfat zu S-Sulfocystein (CAS-Nummer 1637-71-4) zu katalysieren. Diese Reaktion spielt beim Wachstum der Bakterien mit Thiosulfat als einziger Schwefelquelle eine wichtige Rolle. Weiterhin ist aus EP 1 247 869 Bl (Wacker) die Verwendung von CysM zur Herstellung nicht-proteinogener Aminosäuren bekannt.

Bevorzugt ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der OAS-Sulfhydrylase um ein bakterielles Enzym, besonders bevorzugt um CysM und insbesondere bevorzugt um CysM des Stammes E. coli handelt. Das Verfahren ist bevorzugt dadurch gekennzeichnet , dass die OAS-Sul fhydrylase , darunter bevorzugt CysM, aus fermentativer Herstellung stammt , besonders bevorzugt aus der Fermentation eines E. coli Stammes und insbesondere bevorzugt aus der Fermentation des Stammes E. coli DH5a/pFL145 .

Eine Durchführung der fermentativen biotechnologischen Herstellung von CysM mit dem Stamm E. coli DH5a/pFL145 ist in Beispiel 2 of fenbart . Der Produktionsstamm besteht aus einem Wirtsstamm, wie in diesem Fall E. coli DH5a und einem Genkonstrukt , das für die Expression der OAS-Sul fhydrylase geeignet ist , bevorzugt das Genkonstrukt pFL145 . Wirtsstamm und Genkonstrukt sowie die Herstellung des Produktionsstamms sind in EP 1 247 869 Bl beschrieben . Der Produktionsstamm ist hinterlegt nach Budapester Vertrag bei der DSMZ Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (Brauschweig) unter der Nummer DSM 14088 .

Die durch Fermentation des Produktionsstammes gewonnene Fermenterbrühe besteht aus den, die OAS-Sul fhydrylase enthaltenden Fermenterzellen und dem Fermentationsmedium ( Fermentationsüberstand) . Im erfindungsgemäßen Verfahren kann entweder die nicht weiter auf gearbeitete Fermenterbrühe eingesetzt werden oder aber auch eine Suspension der Fermenterzellen ( resuspendierte Fermenterzellen) , z . B . in einem Puf fer, nach deren I solierung aus der Fermenterbrühe , z . B . durch Zentri fugation oder Filtration . Die Herstellung CysM-haltiger , resuspendierter Fermenterzellen des Stammes E. coli DH5a/pFL145 ist in Beispiel 2 beschrieben .

Denkbar ist weiterhin, dass die OAS-Sul fhydrylase in Form eines Zellhomogenats nach mechanischem Aufschluss der Fermenterzellen oder in Form chemisch permeabilisierter Zellen ( z . B . durch Chloroform) eingesetzt wird oder aber auch als Zellextrakt nach Abtrennung partikulärer Bestandteile aus dem Zellhomogenat oder auch als z . B . chromatographisch gereinigtes Enzym. Bevorzugt ist die Verwendung der OAS-Sulfhydrylase als nicht weiter auf gearbeitete Fermenterbrühe, als Zellsuspension resuspendierter Fermenterzellen oder aber als Zellhomogenat nach mechanischem Aufschluss resuspendierter Fermenterzellen oder in Form chemisch permeabilisierter Zellen (z.B. durch Chloroform) . Besonders bevorzugt ist die Verwendung der OAS- Sulfhydrylase in Form resuspendierter Fermenterzellen oder als Zellhomogenat. Insbesondere bevorzugt ist die Verwendung resuspendierter Fermenterzellen des OAS-Sulfhydrylase Produktionsstammes .

Im erfindungsgemäßen Verfahren reagiert OAS mit Sulfit unter Katalyse einer OAS-Sulfhydrylase nach Gleichung (7) zu L- Cysteinsäure .

Schwefelige Säure bildet eine Vielzahl, in reversiblen Gleichgewichten gleichzeitig vorliegender chemischer Spezies, deren jeweilige Eignung als Nucleophil in der erfindungsgemäßen Biotransformation nicht vorhersehbar war. So ist es bekannt, dass schwefelige Säure (H2SO3) die wässrige Lösung von gasförmigen SO2 ist und als zweiwertige Säure, abhängig vom pH der wässrigen Lösung, in unterschiedlichen Gleichgewichten vorliegt, deren Spezies auch unterschiedlich als Nucleophil geeignet sind. Die folgenden Gleichgewichte (9) bis (13) sind bekannt:

(9) SO2 (gasförgmig) <-> SO2 (gelöst)

(10) SO 2 (gelöst) + H 2 O <-> H2SO3

(11) H2SO3 <-> HSO3- + H+

(12) HSO3- <-> SO 3 2 ~ + H+

(13) 2 HSO3- <-> S 2 O 5 2 ~ + H 2 O

Schwefelige Säure und ihre Salze werden in der Lebensmittelindustrie als Konservierungsstoffe eingesetzt, da sie antimikrobielle Wirkung entfalten. Das bedeutet, dass schwefelige Säure und ihre Salze Mikroorganismen abtöten können, was auf die Inaktivierung der für die Lebensfähigkeit des Mikroorganismus notwendigen Enzyme zurückzuführen ist. Daher würde der Fachmann erwarten, dass auch das CysM-Enzym bei Einsatz von schwefeliger Säure oder deren Salze inaktiviert wird und L-Cysteinsäure mit dem in EP 1 247 869 Bl offenbarten Verfahren nicht zugänglich ist.

Aus den genannten Gründen war es für den Fachmann überraschend, dass unter Einsatz von Sulfit und OAS in einer Biotransformation L-Cysteinsäure als Ausgangsverbindung für ein biotechnologisches Verfahren zur Herstellung von Taurin hergestellt werden kann.

Grundsätzlich sind alle denkbaren Salze der schwefligen Säure für die Reaktion geeignet. Bevorzugt ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass als Salz einer schwefligen Säure Na 2 SO 3 , K 2 SO 3 , (NH 4 ) 2 SO 3 , NaHSO 3 (bzw. dessen Anhydrid Na 2 S 2 O 5 ) oder KHSO 3 verwendet wird. Besonders bevorzugt wird als Salz einer schwefligen Säure Na 2 SO 3 , NaHSO 3 (bzw. dessen Anhydrid Na 2 S 2 O 3 ) oder (NH4) 2 SO 3 und insbesondere bevorzugt Na 2 SO 3 oder NaHSO 3 (bzw. dessen Anhydrid Na 2 S 2 O 3 ) eingesetzt.

Denkbar ist die Verwendung von gasförmigem Schwefeldioxid, das Anhydrid der schwefligen Säure, das in den Reaktionsansatz eingebracht werden kann, wo es zur schwefligen Säure H 2 SO 3 hydratisiert und je nach pH in einem Gleichgewicht mit den deprotonierten Formen HSO 3 ~ und SO 3 2 ~ vorliegt.

Bevorzugt ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration des Salzes der schwefligen Säure mindestens in äquimolarer Konzentration zu OAS vorliegt. Besonders bevorzugt liegt das Salz der schwefligen Säure mindestens in 1,5-fach molarem Überschuss, insbesondere bevorzugt in mindestens fünffach molarem Überschuss zu OAS vor.

In einer besonders bevorzugten Aus führungs form ist das Verfahren zur Herstellung von Taurin dadurch gekennzeichnet, dass sowohl die OAS-Sulfhydrylase als auch OAS durch Fermentation hergestellt werden. OAS als Edukt des erfindungsgemäßen Biotransformationsverfahrens isomerisiert ab einem pH-Wert von ca. pH 7 zu N-Acetyl-L-Serin (NAS) und ist dann nicht mehr für die Reaktion mit Sulfit zu L-Cysteinsäure geeignet. Der Mechanismus der Reaktion wurde in Tai et al. (1995) , Biochemistry 34: 12311-12322 untersucht und beruht auf einem intramolekularen, nukleophilen Angriff der deprotonierten Aminogruppe am Carbonyl-Kohlenstof f des Acyl-Rests. Diese Reaktion wird mit abnehmendem pH-Wert unterdrückt, so dass die Verbindung z.B. bei pH 4,0 stabil ist.

Das erfindungsgemäße Biotransformationsverfahren zeichnet sich somit bevorzugt dadurch aus, dass die Reaktion unter pH- Bedingungen durchgeführt wird, welche die Isomerisierung von OAS zu NAS minimieren.

Die Reaktionstemperatur von Biotransformation 1 wird bevorzugt zwischen 5°C und 70°C gewählt. Bevorzugt ist eine Reaktionstemperatur zwischen 10°C und 60°C, besonders bevorzugt zwischen 15°C und 50°C und insbesondere bevorzugt zwischen 20°C und 40°C.

Die OAS Konzentration im Ansatz beträgt bevorzugt mindestens 1 g/L, besonders bevorzugt mindestens 10 g/L und insbesondere bevorzugt mindestens 40 g/L.

Bei der Biotransformation von OAS beträgt die molare Ausbeute an L-Cysteinsäure bezogen auf die molare Einsatzmenge OAS bevorzugt mindestens 60%, besonders bevorzugt mindestens 70% und insbesondere bevorzugt mindestens 80%.

In einer weiteren bevorzugten Ausführung des Biotransformationsverfahrens 1 wird das Substrat OAS aus einer Vorlage in einem sog. Zulaufverfahren in den Reaktionsansatz aus OAS-Sulfhydrylase und Sulfit zudosiert (Beispiel 5) . Dabei wird zur Vermeidung der Isomerisierung von OAS zu NAS in der das OAS enthaltenden Vorlage bevorzugt ein pH <6,5, besonders bevorzugt ein pH <6,0 und insbesondere bevorzugt ein pH <5,5 eingestellt. Gleichzeitig wird der pH im Reaktionsansatz so eingestellt, dass er die Reaktion zu L-Cysteinsäure begünstigt, bevorzugt pH <7,5, besonders bevorzugt pH <7,0 und insbesondere bevorzugt pH <6,5.

Entsprechend Gleichung (7) wird bei der Reaktion von OAS zu L- Cysteinsäure Essigsäure in stöchiometrischen Mengen freigesetzt, was im Verlauf der Reaktion zu einer Absenkung des pH-Werts im Ansatz führen kann. Da ein zu niedriger pH- Wert die Aktivität der OAS-Sulfhydrylase beeinträchtigt, sollte bevorzugt ein zu starkes Absinken des pH-Werts verhindert werden. Dies kann passiv durch einen geeigneten hochkonzentrierten Puffer im Ansatz erfolgen oder auch aktiv durch eine Mess- und Regeleinheit bewerkstelligt werden. Besonders bevorzugt ist die aktive pH-Kontrolle durch eine Mess- und Regeleinheit, wie in Beispiel 5 offenbart, die bei Abweichung des pH-Wertes vom Sollwert durch Zudosierung einer Lauge oder Säure den gewünschten pH-Wert wieder einstellt (sog. pH-Stat Methode) .

Biotransformation 1 kann in diskontinuierlicher oder kontinuierlicher Weise betrieben werden. Im diskontinuierlichen Betrieb (Batch Betrieb) werden dem Ansatz im Verlauf der Reaktion alle Reaktanden zugeführt und nach Beendigung der Reaktion der Ansatz auf gearbeitet . Im kontinuierlichen Betrieb wird während der Reaktion permanent OAS, CysM-Enzym und ein Salz der schwefligen Säure zudosiert und gleichzeitig dem Ansatz eine Lösung enthaltend das Produkt L-Cysteinsäure entnommen. Es wird ein Fließgleichgewicht eingestellt, bei dem die Reaktanden so zudosiert werden, dass sie während der Verweilzeit im Reaktionsgefäß zum Produkt L- Cysteinsäure abreagieren können. Ein Verfahren zur kontinuierlichen Produktion unnatürlicher Aminosäuren ist z.B. in EP 1 247 869 Bl (Wacker) offenbart. Bevorzugt handelt es sich bei Biotransformation 1 um ein diskontinuierliches Verfahren .

Biotransformation 2 :

Das Verfahren zur Herstellung von Taurin umfasst die Herstellung von L-Cysteinsäure in Biotransformation 1 gefolgt von der Decarboxylierung von L-Cysteinsäure zu Taurin in Biotransformation 2.

Die Decarboxylierung von L-Cysteinsäure zu Taurin kann chemisch oder, enzymatisch katalysiert, in einer Biotransformation erfolgen. Bekannt ist die nicht als nachhaltig anzusehende thermische Decarboxylierung bei hohen Temperaturen unter Metallkatalyse, die allerdings darunter leidet, dass sie energieintensiv ist und ein hoher Anteil an Nebenprodukten entsteht.

Bevorzugt ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass zur Decarboxylierung von L-Cysteinsäure zu Taurin ein Enzym aus der Klasse der L-Cysteinsulf insäure-Decarboxylasen (CSAD, EC

4.1.1.29) , der Aspartat-l-Decarboxylasen (EC 4.1.1.11) oder Glutamat-Decarboxylasen (EC 4.1.1.15) eingesetzt wird.

Zur enzymatisch katalysierten Decarboxylierung von L- Cysteinsäure zu Taurin besonders bevorzugt sind Enzyme aus der Klasse der L-Cysteinsulf insäure-Decarboxylasen (CSAD, EC

4.1.1.29) . CSAD-Enzyme sind dafür bekannt, dass sie entsprechend Gleichung (3) L-Cysteinsulf insäure zu Hypotaurin decarboxylieren . In unterschiedlichem Ausmaß sind diese Enzyme in der Lage, entsprechend Gleichung (5) auch L-Cysteinsäure als Substrat zu Taurin zu decarboxylieren. Wie in den Beispielen 7 bis 11 offenbart, ist z.B. das CSADcc-Enzym aus Cyprinus carpio (Karpfen) dazu geeignet, L-Cysteinsäure zu Taurin zu decarboxylieren. Enzyme der Klasse EC 4.1.1.29 (CSAD) findet man hauptsächlich in Metazoen (vielzelligen Tieren) , darunter in Säugetieren. Auch in Einzellern sind Enzyme mit CSAD-Aktivität zu finden wie in Algen z.B. aus der Gattung Synechoccocus, außerdem auch in Bakterien oder Pilzen. Bevorzugt ist das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Taurin dadurch gekennzeichnet, dass CSAD-Enzyme der Klasse EC 4.1.1.29 aus Säugetieren, ausgewählt aus Mensch (Homo sapiens) , Rind (Bos taurus) , Ratte (Rattus norvegicus) oder Maus (Mus musculus) sowie aus Fischen wie z.B. aus Karpfen (Cyprinus carpio) verwendet werden, besonders bevorzugt Enzyme aus dem Menschen (Homo sapiens) , der Ratte (Rattus norvegicus) oder dem Karpfen (Cyprinus carpi o) .

Insbesondere bevorzugt ist das CSAD-Enzym aus dem Karpfen (CSADcc, Cyprinus carpio) . In den Beispielen verwendet wird ein CSADcc-Enzym, abgeleitet aus der Proteinsequenz des Wt- CSAD-Enzyms aus Cyprinus carpio, mit einer DNS-Sequenz der cds wie in SEQ ID NO: 1, nt 31 - 1530 offenbart und als CSADcc-cds bezeichnet, kodierend für ein Protein mit der Aminosäuresequenz in SEQ ID NO: 2 und bezeichnet als CSADcc. Die der Wt-CSADcc-Aminosäuresequenz zugrundeliegende DNS- Sequenz ist zugänglich in der NCBI (National Center for Biotechnology Information) Datenbank unter der Genbank Sequence ID: AB220585.1 (cds: nt 82 - 1584) . Aus der korrespondierenden Wt-CSADcc-Aminosäuresequenz wurde eine für die Expression in E. coli codon-optimierte CSADcc-cds DNS- Sequenz abgeleitet (SEQ ID NO: 1, nt 31 - 1530) , die für die identische Aminosäuresequenz codiert. Für die Codon- Optimierung stehen öffentlich zugängliche Software Programme zur Verfügung, wie z.B. die in Beispiel 6 verwendete Eurofins Genomics GENEius Software. Die DNS aus SEQ ID NO: 1 wurde in bekannter Weise synthetisch hergestellt, wie von Dienstleistern wie Eurofins Genomics angeboten.

Insbesondere bevorzugt handelt es sich bei der L- Cysteinsulf insäure-Decarboxylase um SEQ ID NO: 2 oder eine zu dieser Sequenz homologe Sequenz. Unter homologen Sequenzen ist zu verstehen, dass die DNS- oder Aminosäuresequenzen zu mindestens 80%, bevorzugt zu mindestens 90% und besonders bevorzugt zu mindestens 95% identisch sind, wobei jede Änderung in der homologen Sequenz ausgewählt ist aus Insertion, Addition, Deletion und Substitution einer oder mehrerer Nukleotide oder Aminosäuren.

Der Grad der DNA-Identität wird durch das Programm „nucleotide blast", zu finden auf der Seite http://blast. ncbi . nlm. nih . gov/ , bestimmt, welches auf dem blastn-Algorithmus basiert. Als Algorithmus-Parameter für ein Alignment zweier oder mehrerer Nukleotidsequenzen wurden die voreingestellten Parameter genutzt. Die voreingestellten generellen Parameter sind: Max target sequences = 100; Short queries = "Automatically adjust parameters for short input sequences"; Expect Threshold = 10; Word size = 28;

Automatically adjust parameters for short input sequences = 0. Die entsprechenden voreingestellten Scoring Parameter sind: Match/Mismatch Scores = 1,-2; Gap Costs = Linear.

Für den Vergleich von Proteinsequenzen wird das Programm „protein blast", auf der Seite http://blast. ncbi . nlm. nih . gov/ , genutzt. Dieses Programm greift auf den blastp-Algorithmus zurück. Als Algorithmus-Parameter für ein Alignment zweier oder mehrerer Proteinsequenzen wurden die voreingestellten Parameter genutzt. Die voreingestellten generellen Parameter sind: Max target sequences = 100; Short queries = "Automatically adjust parameters for short input sequences"; Expect Threshold = 10; Word size = 3; Automatically adjust parameters for short input sequences = 0. Die voreingestellten Scoring Parameter sind: Matrix = BLOSUM62; Gap Costs = Existence: 11 Extension: 1; Compositional adjustments = Conditional compositional score matrix adjustment.

Bevorzugt ist das Verfahren dadurch gekennzeichnet, dass die

L-Cysteinsulf insäure-Decarboxylase aus fermentativer Herstellung stammt. Eine entsprechende rekombinante Produktion des CSADcc-Enzyms in einem E. coli Produktionsstamm ist in Beispiel 6 offenbart. Die CSADcc-cds wird dazu in bekannter Weise in einen Expressionsvektor, z.B. den Vektor pKKj , kloniert und das Genkonstrukt pCSADcc-pKKj hergestellt (Fig. 1) . Zur Herstellung eines Produktionsstammes wird das Genkonstrukt pCSADcc-pKKj in ebenfalls bekannter Weise in einen E. coli Wirtsstamm, z.B. den Stamm E. coli JM105, transformiert und der resultierende Produktionsstamm E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj in ebenfalls bekannter Weise zur Herstellung des CSADcc-Enzyms verwendet. Die Herstellung des CSADcc-Enzyms kann dabei für Laborzwecke im Schüttelkolbenmaßstab erfolgen oder durch Fermentation (Beispiel 6 ) .

CSAD-Enzyme enthalten Pyridoxalphosphat (PLP, CAS Nr. 54-47-7) als Cofaktor. Die Supplementierung des Anzuchtmediums oder auch von Biotransformationsansätzen zur Umwandlung von L- Cysteinsäure zu Taurin mit PLP bietet daher eine Möglichkeit zur Verfahrensverbesserung. Da PLP zur Familie der B6-Vitamine gehört, eignet sich auch die Supplementierung mit anderen Vertretern der Vitamin B6-Familie wie z.B. Pyridoxin (CAS Nr. 65-23-6) , Pyridoxal (CAS Nr. 66-72-8) oder Pyridoxamin (CAS Nr. 85-87-0) zur Verfahrensverbesserung. Bevorzugt ist das Biotransformationsverfahren zur Umwandlung von L-Cysteinsäure zu Taurin dadurch gekennzeichnet, dass es in Gegenwart von >20 mg/L, besonders bevorzugt >10 mg/L und insbesondere bevorzugt >4 mg/L PLP durchgeführt wird.

Das durch Anzucht im Schüttelkolben oder durch Fermentation gewonnene CSAD-Enzym, bevorzugt CSADcc, kann im erfindungsgemäßen Verfahren entweder als nicht weiter auf gearbeitete Fermenterbrühe eingesetzt werden oder aber auch als Zellsuspension nach Reisolierung der Zellen durch z.B. Zentrifugation und Resuspendierung der Fermenterzellen, z.B. in einem Puffer ( resuspendierte Fermenterzellen) . Weiterhin kann das CSAD-Enzym, bevorzugt CSADcc, in Form eines Zellhomogenats nach mechanischem Aufschluss der resuspendierten Fermenterzellen oder in Form chemisch permeabilisierter Zellen (z.B. durch Chloroform) eingesetzt werden oder aber auch als Zellextrakt nach Abtrennung partikulärer Bestandteile aus dem Zellhomogenat oder auch als z.B. chromatographisch gereinigtes Enzym.

Bevorzugt ist die Verwendung des CSAD-Enzyms (CSADcc) , als nicht weiter auf gearbeitete Fermenterbrühe, als resuspendierte Fermenterzellen oder aber als Zellhomogenat nach mechanischem Aufschluss der resuspendierten Fermenterzellen. Besonders bevorzugt ist die Verwendung des CSAD-Enzyms als resuspendierte Fermenterzellen oder als Zellhomogenat nach mechanischem Aufschluss der resuspendierten Fermenterzellen. Insbesondere bevorzugt ist die Verwendung des CSAD-Enzyms in Form resuspendierter Fermenterzellen.

Die Biotransformation von L-Cysteinsäure zu Taurin durch das CSAD-Enzym, bevorzugt CSADcc, wird bevorzugt unter pH- und Temperaturbedingungen durchgeführt, die eine effiziente Decarboxylierung von L-Cysteinsäure zu Taurin ermöglichen. Der bevorzugte pH-Bereich, bei dem die Biotransformation 2 durchgeführt wird, liegt zwischen pH 5,0 und 9,0, besonders bevorzugt zwischen pH 6,0 und 8,5 und insbesondere bevorzugt zwischen pH 6,5 und 8,0.

Biotransformation 2 wird bei einer Temperatur bevorzugt <70°C, bevorzugt <60°C, besonders bevorzugt <50°C und insbesondere bevorzugt <40°C durchgeführt.

Die molare Ausbeute an Taurin aus der Biotransformation von L- Cysteinsäure in Biotransformation 2 beträgt bevorzugt mindestens 60 %, besonders bevorzugt mindestens 80% und insbesondere bevorzugt mindestens 90 %.

Die Biotransformation zur Herstellung von Taurin aus L- Cysteinsäure kann in diskontinuierlicher oder kontinuierlicher Weise betrieben werden. Im diskontinuierlichen Betrieb (Batch Betrieb) werden dem Ansatz im Verlauf der Reaktion alle Reaktanden zugeführt und nach Beendigung der Reaktion der Ansatz auf gearbeitet . Im kontinuierlichen Betrieb wird das CSAD-Enzym als stationäre Phase vorgelegt, z.B. in einem Membranreaktor oder an einen Träger immobilisiert und das Substrat L-Cysteinsäure als mobile Phase zudosiert. Die Kontaktzeit der mobilen Phase mit der stationären Phase wird dabei so eingestellt, dass das Substrat L-Cysteinsäure zum Produkt Taurin abreagieren kann. Bevorzugt ist der diskontinuierliche (Batch) Betrieb.

Das bevorzugte Verfahren zur Herstellung von Taurin aus OAS, umfassend Biotransformation 1 und Biotransformation 2, ist dadurch charakterisiert, dass es folgende Schritte umfasst: a) OAS wird durch Fermentation hergestellt, b) die Enzyme aus der Klasse der OAS-Sulfhydrylasen (EC 4.2.99.8) wie z.B. CysM, und der Klasse der Cysteinsulf insäure Decarboxylasen (EC 4.1.1.29) , wie z.B. CSADcc, werden durch Fermentation hergestellt, c) OAS und schweflige Säure, bzw. ein Salz der schwefligen Säure reagieren unter enzymatischer Katalyse der OAS- Sulfhydrylase aus Punkt b zu L-Cysteinsäure und d) L-Cysteinsäure aus Punkt c wird durch das CSAD-Enzyms aus Punkt b zu Taurin decarboxyliert .

Insbesondere bevorzugt ist das Verfahren, umfassend die Schritte a, b, c und d, dadurch gekennzeichnet, dass in Biotransformation 1 OAS mit Na2SOs, bzw. dem Salz seines Anhydrids Na2S20s, in einer CysM-katalysierten Reaktion zu L- Cysteinsäure umgesetzt wird und in Biotransformation 2 die L- Cysteinsäure aus Biotransformation 1 in einer CSAD- katalysierten Biotransformation nach Gleichung (5) zu Taurin decarboxyliert wird. Diese Verfahrensschritte sind in den Beispielen 7 bis 10 offenbart. OAS der Biotransformation 1 kann dazu synthetisch oder durch Anzucht eines Produktionsstammes hergestellt werden, wie in Beispiel 1 der vorliegenden Erfindung beschrieben. Bevorzugt ist die Herstellung von OAS durch Anzucht eines Produktionsstammes. Das CysM-Enzym der Biotransformation 1 kann aus der Fermentation eines Produktionsstammes stammen, wie in Beispiel 2 beschrieben. Das in Biotransformation 2 verwendete CSAD- Enzym kann aus der Anzucht eines Produktionsstammes, bevorzugt das CSADcc-Enzym aus der Anzucht des Stammes E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj , stammen, wie in Beispiel 6 beschrieben. L- Cysteinsäure aus Biotransformation 1 kann dabei ohne weitere Aufarbeitung in Biotransformation 2 eingesetzt werden, wie in den Beispielen 8 bis 10 beschrieben oder aber nach vorheriger Aufarbeitung. Dazu sind dem Fachmann verschiedene Methoden bekannt, wie z.B. Filtration, Zentrifugation, Extraktion, Adsorption, Ionenaustauscher-Chromatographie, Präzipitation, Kristallisation. Bevorzugt ist die Verwendung von L- Cysteinsäure aus Biotransformation 1 ohne weitere Aufarbeitung in Biotransformation 2.

Das Verfahren zur Herstellung von Taurin kombiniert in einfacher und effizienter Weise die bisher nicht beschriebene enzymatische Herstellung von L-Cysteinsäure aus OAS und einem Salz der schwefligen Säure, auch bezeichnet als Sulfit, nach Gleichung (7) (Biotransformation 1) mit der enzymatischen Decarboxylierung von L-Cysteinsäure zu Taurin, nach Gleichung (5) (Biotransformation 2) . Das bedeutet, dass die vorliegende Erfindung ein zweistufiges Biotransformationsverfahren aus der Kombination von Biotransformation 1 mit Biotransformation 2 zur Herstellung von Taurin aus OAS umfasst.

Bevorzugt laufen die Verfahrensschritte (Biotransformation 1 und Biotransformation 2) zur Herstellung von Taurin sequenziell, d.h. nacheinander ab. Wenn das Verfahren in der bereits beschriebenen bevorzugten Aus führungs form die Schritte a-d umfasst, ist es in einer alternativ bevorzugten Aus führungs form dadurch gekennzeichnet, dass alle Verfahrensschritte in einem Reaktionsansatz stattfinden. Wenn alle Verfahrensschritte in einem Reaktionsansatz stattfinden, spricht man auch von einem Eintopf-Verfahren bzw. einer Eintopf reaktion . Dieses hat den Vorteil , dass bereits alle Reaktanden zur Taurinherstellung im Reaktionsansatz enthalten sind oder einfach zudosiert werden können . Das Verfahren in einem Reaktionsansatz durchzuführen ist insbesondere wirtschaftlich gesehen von Interesse .

So of fenbart Beispiel 11 der vorliegenden Erfindung, dass die Verfahrensschritte in einem Ansatz ablaufen können (Eintopfverf ahren) , wobei OAS mit einem Sul fit ( Sal z der schwefligen Säure ) in Gegenwart der Enzyme CysM und CSADcc zur Reaktion gebracht wird . Dabei entsteht in der ersten Reaktion L-Cysteinsäure nach Gleichung ( 7 ) , welches „in situ" durch CSADcc zu Taurin decarboxyliert wird nach Gleichung ( 5 ) .

Die Produktverteilung von L-Cysteinsäure und Taurin aus der Reaktion von OAS im Eintopfverf ahren wird bestimmt durch die Aktivität von CysM im Verhältnis zu CSADcc . Bei ausreichender Dosierung von CSADcc kann die aus OAS gebildete L-Cysteinsäure quantitativ zu Taurin umgewandelt werden . Bevorzugt ist ein Verfahren, bei dem das eingesetzte OAS zu L-Cysteinsäure und Taurin umgewandelt wird . Die aufsummierte molare Ausbeute von L-Cysteinsäure und Taurin, bezogen auf die eingesetzte molare Menge OAS , beträgt bevorzugt mehr als 60 % , besonders bevorzugt mehr als 70 % und insbesondere bevorzugt mehr als 80 % . Bezogen auf die eingesetzte molare Menge OAS beträgt die molare Ausbeute von Taurin bevorzugt mehr als 25% , besonders bevorzugt mehr als 50% und insbesondere bevorzugt mehr als 80% .

Mit Bezug auf ein Eintopfverf ahren ist es denkbar, dass die Expression der Gene für die OAS-Sul fhydrylase und die L- Cysteinsul f insäure-Decarboxylase gemeinsam in einem Stamm erfolgen kann und die Zellen aus der Anzucht dieses Stammes in einer Biotrans formation in Gegenwart eines Sul fits mit OAS zur Reaktion gebracht werden, wobei als Endprodukt Taurin entsteht . In einer Abwandlung der Erfindung ist es auch denkbar, dass im Sinne eines Metabolie Engineering Ansatzes die Expression der Gene für eine OAS-Sulfhydrylase und einer L-Cysteinsulf insäure Decarboxylase im OAS Produktionsstamm erfolgt und Taurin durch Anzucht eines solchen Produktionsstammes in Gegenwart eines Sulfits (Salz der schwefligen Säure) produziert wird.

Die Figur zeigt das in den Beispielen verwendete Plasmid.

Fig. 1: pCSADcc-pKKj

In der Figur verwendete Abkürzungen:

AmpR: Gen, das Resistenz gegenüber Ampicillin verleiht

(ß-Lactamase )

Ori : Replikationsursprung

Ptac: tac-Promotor

EcoRI : Schnittstelle für das Restriktionsenzym EcoRI

Hindill : Schnittstelle für das Restriktionsenzym Hindill

CSADcc: CSAD (Cysteinsulf insäure Decarboxylase) C. carpio cds

Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele weiter erläutert, ohne durch sie beschränkt zu werden:

Beispiel 1: Herstellung von OAS

Verwendet wurde der in EP 1 233 067 Bl (Wacker) offenbarte Stamm E. coli W3110/pACYC-cysEX-GAPDH-ORF306, hinterlegt nach Budapester Vertrag bei der DSMZ Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (Braunschweig) unter der Nummer DSM 13495. OAS wurde wie in EP 1 233 067 Bl beschrieben durch Fermentation hergestellt. Am Ende der Fermentation wurde zur Stabilisierung von OAS ein pH-Wert von 4,5 mit 21 % (v/v) Phosphorsäure eingestellt. Die Zellen wurden durch 10 min Zentrifugation bei 4000 rpm (Heraeus Megafuge 1.0 R) abgetrennt. Der durch HPLC bestimmt Gehalt an OAS im Fermentationsüberstand betrug 15,3 g/L.

HPLC-Analytik von OAS, L-Cysteinsäure und Taurin: Zur quantitativen Bestimmung der in den Beispielen analysierten Verbindungen wurde eine jeweils für OAS, L- Cysteinsäure und Taurin kalibrierte HPLC-Methode eingesetzt, wobei alle zur Kalibrierung verwendeten Referenzsubstanzen kommerziell erhältlich waren (Sigma-Aldrich) . Verwendet wurde ein HPLC-Gerät der Fa . Agilent, Modell 1260 Infinity II, ausgerüstet mit einer aus der Analytik von Aminosäuren bekannten Vorsäulenderivatisierung mit o-Phtaldialdehyd (OPA- Derivatisierung) vom gleichen Hersteller. Zum Nachweis der OPA-derivatisierten Produkte OAS, L-Cysteinsäure und Taurin war das HPLC-Gerät mit einem Fluoreszenzdetektor ausgerüstet. Der Detektor war eingestellt auf eine Excitationswellenlänge von 330 nm und eine Emissionswellenlänge von 450 nm. Des Weiteren verwendet wurde eine Accucore™ aQ Säule der Fa .

Thermo Scientific™, Länge 100 mM, innerer Durchmesser 4, 6 mm, Partikelgröße 2, 6 pm, im Säulenofen auf 40°C temperiert.

Laufmittel A: 25 mM Na-Phosphat, pH 6,0. Laufmittel B:

Methanol. Die Trennung erfolgte im Gradientenmodus: 0 - 25 min, 10% Laufmittel B auf 60% Laufmittel B, gefolgt von 2 min 60% Laufmittel B auf 100% Laufmittel B, gefolgt von weiteren 2 min auf 100% Laufmittel B, bei einer Flußrate von 0,5 ml/min. Retentionszeit von L-Cysteinsäure : 3,2 min. Retentionszeit von Taurin: 14,8 min. Retentionszeit von OAS : 17,0 min.

Beispiel 2: Herstellung des Enzyms CysM

Verwendet wurde der in EP 1 247 869 Bl (Wacker) offenbarte Stamm E. coli DH5a/pFL145, hinterlegt nach Budapester Vertrag bei der DSMZ Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (Brauschweig) unter der Nummer DSM 14088. CysM-Enzym wurde sowohl durch Anzucht im Schüttelkolben wie durch Fermentation hergestellt.

A) Anzucht im Schüttelkolben: Vom Stamm E. coli DH5a/pFL145 wurde in LBamp-Medium (10 g/1 Trypton (GIBCO™) , 5 g/1 Hefeextrakt (BD Biosciences) , 5 g/1 NaCl, 100 mg/L Ampicillin (Sigma-Aldrich) ) eine Vorkultur hergestellt

(Anzucht bei 37 °C und 120 rpm über Nacht) . 25 ml Vorkultur wurden als Inokulum einer Hauptkultur von 250 ml LBamp- Medium (1 L Erlenmeyerkolben mit Schikane) verwendet. Die Hauptkultur wurde bei 30°C und 110 rpm geschüttelt. Nach 4 h wurde eine Zelldichte ODgoo von 1,0/ml erreicht (ODgoo: photometrische Bestimmung der Zelldichte/ml Zellsuspension durch Bestimmung der Extinktion bei 600 nm; Genesys™ 10S UV-Vis Spektralphotometer der Fa . Thermo Scientific™) . Dann wurde der Induktor Tetracyclin (Sigma-Aldrich, 3 mg/L Endkonzentration) zugegeben und die Anzucht für weitere 20 h bei 30°C und 110 rpm fortgesetzt. Nach Beendigung der Anzucht betrug die Zelldichte ODgoo 3/ml.

B) Die fermentative Herstellung von CysM mit dem Stamm E. coli DH5a/pFL145 ist in EP 1 247 869 Bl offenbart. Die Zellen aus der Fermentation wurden durch 10 min Zentrifugation bei 4000 rpm (Heraeus Megafuge 1.0 R) abgetrennt und in KPi6,5- Puffer (0,1 M K-Phosphat, pH 6,5) suspendiert, sodass die Zelldichte OD 6 oo 90/ml betrug.

Die Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht oder Fermentation wurden für die weitere Verwendung durch Zentrifugation isoliert (10 min 15000 rpm, Sorvall Zentrifuge RC5C, ausgestattet mit einem SS34 Rotor) . Für die im Folgenden beschriebene weitere Verwendung zur Herstellung eines Zellhomogenats wurde das Zellpellet in KPi6, 5-Puf fer als Zellsuspension resuspendiert . Zur Herstellung der Zellsuspension wurde so viel KPi6, 5-Puf fer verwendet, dass die Zelldichte ODgoo 30/ml betrug: beispielsweise wurden 50 ml Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht mit einer ODgoo von 3/ml zentrifugiert und in 5 ml KPi6, 5-Puf fer resuspendiert (10- fache Konzentrierung) oder 1 ml Zellen aus der Fermentation mit einer ODgoo von 90/ml in 3 ml KPi6, 5-Puf fer resuspendiert (3-fache Verdünnung) .

Auf diese Weise wurden die aus der Fermenterbrühe isolierten und resuspendierten Zellen des Stammes E. coli DH5a/pFL145, die im Folgenden als OAS-Sulfhydrylase CysM in das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt wurden, erzeugt.

Zur Herstellung eines Zellhomogenats wurde der Zellhomogenisator FastPrep-24™ 5G der Fa . MP Biomedicals verwendet. 1 ml Zellsuspension in KPi6, 5-Puf fer mit einer Zelldichte ODgoo 30/ml wurde in vom Hersteller vorgefertigten 1,5 ml Röhrchen mit Glaskugeln („Lysing Matrix B") aufgeschlossen (3 x 20 see bei einer Schüttelfrequenz von 6000 rpm mit jeweils 30 see Pause zwischen den Intervallen) . Das erhaltene Zellhomogenat wurde direkt als OAS-Sulfhydrylase (CysM-Enzym) in das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt oder zur Herstellung eines Zellextrakts verwendet.

Zur Herstellung eines Zellextrakts wurde das erhaltene Zellhomogenat zentrifugiert (10 min 15000 rpm, Sorvall Zentrifuge RC5C, ausgestattet mit einem SS34 Rotor) und der Überstand mit Zellextrakt benannt und als OAS-Sulfhydrylase (CysM-Enzym) in das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt oder zur Bestimmung der CysM-Enzymaktivität weiterverwendet.

Der Proteingehalt des Zellextrakts wurde mit einem Qubit 3.0 Fluorometer der Fa . Thermo Fisher Scientific unter Einsatz des „Qubit® Protein Assay Kits" nach Angaben des Herstellers bestimmt. Der Proteingehalt des Zellextrakts aus der Schüttelkolbenanzucht betrug 5,3 mg/ml. Der Proteingehalt des Zellextrakts aus der Fermentation betrug 4,0 mg/ml.

Die CysM-Enzymaktivität wurde bestimmt wie in EP 1 247 869 Bl (Wacker) beschrieben. Dazu wurde OAS (Sigma-Aldrich) in Gegenwart von Na2S und Zellextrakt aus der Anzucht des Stammes E. coli DH5a/pFL145 bei 37°C inkubiert. Der Testansatz (0,4 ml Endvolumen) in KPi6, 5-Puf fer enthielt 10 mM OAS (Zugabe aus einer 200 mM Stammlösung in 500 mM Natrium-Succinat-Puf f er pH 5,5) , 10 mM Natriumsulfid Na2S und 5 pl CysM enthaltenden Zellextrakt. Das bei der CysM-Reaktion entstandene Cystein wurde mit Ninhydrin (Sigma-Aldrich) nach Gaitonde (1967) , Biochem. J. 104: 627-633, bestimmt. Die CysM-Enzymaktivität im Zellextrakt aus der Anzucht des Stammes E. coli DH5a/pFL145 im Schüttelkolben betrug 57,1 U/ml. Da die Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht (ODgoo von 3/ml) zur Herstellung des Zellextrakts 10-fach konzentriert worden waren, betrug die Enzymaktivität in Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht 5,7 U/ml. Die CysM-Enzymaktivität im Zellextrakt nach Fermentation des Stammes E. coli DH5a/pFL145 betrug 58,1 U/ml. Da die Zellen aus der Fermentation (ODgoo von 90/ml) zur Herstellung des Zellextrakts auf eine ODgoo von 30/ml verdünnt worden waren, betrug die Enzymaktivität in der konzentrierten (ODgoo von 90/ml) Zellsuspension der Fermenterzellen 174,4 U/ml.

Die spezifische CysM-Enzymaktivität des Zellextrakts aus der Anzucht des Stammes E. coli DH5a/pFL145 im Schüttelkolben betrug 10,8 U/mg Protein. Die spezifische CysM-Enzymaktivität des Zellextrakts nach Fermentation des Stammes E. coli DH5a/pFL145 betrug 14,5 U/mg. Unter der Annahme, dass bei der Herstellung des Zellextrakts die CysM-Aktivität vollständig aus den Zellen freigesetzt wurde, wurde die in den Zellextrakten bestimmte CysM-Enzymaktivität in den folgenden Beispielen der in CysM-Zellsuspensionen enthaltenen Enzymaktivität gleichgesetzt.

1 U/ml CysM Enzymaktivität ist definiert als Produktion von 1 pmol Cystein/min aus OAS und Na2S unter Testbedingungen in 1 ml Zellextrakt (Volumenaktivität) . Die spezifische CysM Enzymaktivität in U/mg Protein wird erhalten durch Division der Volumenaktivität des Zellextrakts (U/ml) durch die Proteinkonzentration des Zellextrakts (mg/ml) und ist definiert als CysM Enzymaktivität in U bezogen auf 1 mg Protein im Zellextrakt.

Beispiel 3: Herstellung von L-Cysteinsäure aus kommerziell erhältlichem OAS und Na2SÜ3 mit Hilfe von CysM hergestellt in Schüttelkolbenkultur

Zwei Ansätze wurden parallel durchgeführt:

Ansatz 1: In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 8,25 ml NaPi6, 5-Puf fer (50 mM Na-Phosphat, pH 6,5) vorgelegt und nacheinander 1 ml einer 0,2 M Lösung von Na2SOs in NaPi6,5- Puffer, 0,4 ml CysM Zellextrakt aus der Schüttelkolbenanzucht (aus Beispiel 2A) mit einer Aktivität von 57,1 U/ml (2,3 U/ml Endkonzentration im Ansatz) und 350 pl einer 0,2 M Lösung von OAS x HCl (Sigma-Aldrich) in 0,5 M Na-Succinat, pH 5,5 zugegeben. Das Ansatzvolumen betrug 10 ml.

Ansatz 2: Der Ansatz (Vergleichsansatz ohne Na2SOs) hatte die gleiche Zusammensetzung wie Ansatz 1. Anstelle der Na2SOs- Lösung erhielt Ansatz 2 1 ml NaPi6, 5-Puf fer .

Beide Ansätze wurden in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37 °C und 140 rpm inkubiert. Nach 1 h und 3 h wurden jeweils 1 ml der Ansätze zum Stop der Reaktion 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Die mittels HPLC nachgewiesene Menge an L-Cysteinsäure ist in Tab. 1 wiedergegeben.

Tabelle 1: Mittels HPLC nachgewiesene Menge an L-

Cysteinsäure in Abhängigkeit von der Reaktionszeit, wobei kommerziell erhältliches OAS, Na2SC>3 und ein CysM-haltiger Zellextrakt eingesetzt wurden.

Ansatz 1 mit Na2SOs Ansatz 2 ohne Na2SOs Zeit [h] L-Cysteinsäure [mg/L] L-Cysteinsäure [mg/L]

0 0, 0 0, 0

1 78, 0 0, 0

3 95, 8 0, 0

Beispiel 4 : Herstellung von L-Cysteinsäure aus OAS-haltigem Kulturüber stand der Fermentation und Na2SÜ3 mit Hilfe von CysM hergestellt in Schüttelkolbenkultur

In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 1 ml Zellkulturüberstand aus der Fermentation des Stammes E. coli W3110/pACYC-cysEX-GAPDH-ORF306 mit einem Gehalt an OAS von 15,3 g/L (aus Beispiel 1) vorgelegt und nacheinander 6 ml NaPi6, 5-Puf fer, 1 ml einer 1 M Lösung von Na2SOs in NaPi6,5- Puffer und 2 ml CysM-Zellsuspension aus der Schüttelkolbenanzucht (aus Beispiel 2A, Zelldichte ODgoo 30/ml; 57,1 U/ml CysM-Enzymaktivität ) zugegeben. Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Die CysM-Enzymaktivität im Ansatz betrug 11,4 U/ml. Der Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37 °C und 140 rpm inkubiert. Nach 2 h wurde 1 ml des Ansatzes 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC auf den Gehalt an OAS und L-Cysteinsäure analysiert. Der zeitliche Verlauf der Reaktion ist in Tab. 2 zusammengefasst. Tabelle 2: Mittels HPLC nachgewiesene Menge an L- Cysteinsäure und OAS, wobei ein OAS-haltiger Zellkulturüberstand, Na2SOs und eine CysM- haltige Zellsuspension eingesetzt wurden. Zeit [h] L-Cysteinsäure [mg/L]

0 1530, 0 0, 0

2 0, 0 1473,3

Beispiel 5: Präparative Herstellung von L-Cysteinsäure durch Biotransformation von OAS bei konstantem PH

Ein doppelwandiges 0,5 L thermostatisierbares Glasgefäß (Diehm) wurde über eine Schlauchverbindung an einen Thermostaten (Lauda) angeschlossen und auf 37°C temperiert. 50 ml CysM-haltige Zellsuspension in KPi6, 5-Puf fer (ODgoo 90/ml, 8720 U CysM-Enzymakt ivi tat ) aus der Fermentation des Stammes DH5a/pFL145 (aus Beispiel 2B) sowie 6, 6 ml einer 400 g/L Lösung von Na2S20s (13,9 mmol, Molekulargewicht 190,1 g/mol) in KPi6, 5-Puf fer wurden vorgelegt. In gelöster Form entsprach das 27,8 mmol NaHSO3 (1,78-fach molarer Überschuss zur später zudosierten OAS-Menge von 15, 6 mmol) . Der Ansatz wurde mit einem Magnetrührer gerührt. Der Ansatz wurde weiterhin mit einer pH-Elektrode (Mettler Toledo) ausgestattet, welche mit einer pH-Kontrolleinheit (Titrator TitroLine alpha, Schott) verbunden war, die nach den Vorgaben des Herstellers im pH-Stat Modus betrieben wurde. Unter pH- Stat Bedingungen wurde der pH im Reaktionsgefäß während der gesamten Laufzeit der Reaktion konstant beim eingestellten pH 6,5 gehalten durch Zudosierung von 2 M NaOH aus einer mit der Kontrolleinheit verbundenen Bürette. 150 ml OAS-haltiger Zellkulturüberstand (OAS-Gehalt 15,3 g/L, 2,3 g; 15, 64 mmol) aus der Fermentation des Stammes E. coli W3110/pACYC-cysEX- GAPDH-ORF306 (Beispiel 1) wurde aus einer Vorlage über eine Pumpe (Watson Marlow Peristaltikpumpe 101U/R) mit einer Flußrate von 0,35 ml/min in den Ansatz zudosiert.

Die Reaktionsdauer betrug 19 h. Da der Ansatz in einem offenen Reaktionsgefäß durchgeführt wurde, betrug das Ansatzvolumen infolge Verdunstung nach Beendigung der Reaktion 185 ml. 0,5 h, 3 h und 19 h nach Start der Reaktion wurde j e 1 ml Aliquot des Ansatzes entnommen und der Gehalt an L-Cysteinsäure durch HPLC analysiert. Der zeitliche Verlauf der Bildung von L- Cysteinsäure ist in Tab. 3 zusammengefasst. Nach 19 h Reaktionsdauer betrug L-Cysteinsäure Gehalt im Ansatz 12970 mg/L (76, 65 mM) , was bei einem Ansatzvolumen von 185 ml einer absoluten molaren Ausbeute von 14,18 mmol L-Cysteinsäure entsprach. Bezogen auf die eingesetzte Menge OAS von 15, 64 mmol entsprach dies einer Ausbeute von 90,1 %.

Tabelle 3: Mittels HPLC nachgewiesene Menge an L-

Cysteinsäure in Abhängigkeit von der Reaktionszeit, wobei ein OAS-haltiger Fermentationsüberstand, NaHSOß und eine Zellsuspension von CysM-haltigen Fermenterzellen eingesetzt wurden Zeit [h] L-Cysteinsäure [mg/L] L-Cysteinsäure [mM]

0,5 758, 0 4,47

3 4244, 0 25, 08

19 12970, 0 76, 65

Beispiel 6: Rekombinante Produktion der CSADcc aus Cyprinus carpio (Karpfen) in E. coli

Vektor pCSADcc-pKKj :

Das cDNS-Gen (cDNS: komplementäre DNS, durch reverse

Transkription aus der mRNS isoliert) der Cysteinsulf insäure

Decarboxylase (CSAD) aus Cyprinus carpio (Karpfen) wurde von Honjoh et al. (2010) , Amino Acids 38: 1173-1183 isoliert und die DNS-Sequenz in der NCBI (National Center for Biotechnology Information) Datenbank unter der Genbank Sequence ID: AB220585.1 (cds: nt 82 - 1584) offenbart. Aus der korrespondierenden Aminosäuresequenz wurde eine für die Expression in E. coli codon-optimierte DNS-Sequenz abgeleitet (öffentlich zugängliche Eurofins Genomics GENEius Software) und synthetisch hergestellt (Eurofins Genomics) . Die synthetisch hergestellte DNS hatte die in SEQ ID NO: 1 offenbarte Sequenz und enthielt die cds des Gens, im Folgenden als CSADcc-cds bezeichnet (SEQ ID NO: 1, nt 31 - 1530) , kodierend für ein Protein mit der in SEQ ID NO: 2 offenbarten Aminosäuresequenz und bezeichnet als CSADcc. Für Klonierungszwecke enthielt die synthetisch hergestellte DNS am 5 '-Ende eine EcoRI Schnittstelle (SEQ ID NO: 1, nt 25 bis 30) und am 3 '-Ende eine Hindill Schnittstelle (SEQ ID NO: 1, nt 1532 bis 1537) .

Zur Herstellung des zur rekombinanten Expression der CSADcc- cds geeigneten Vektors pCSADcc-pKKj (Fig. 1) wurde die synthetisch hergestellte DNS mit EcoRI und Hindill geschnitten und in bekannter Weise als EcoRI/Hindlll-Fragment in den mit EcoRI und Hindill geschnittenen Vektor pKKj kloniert. Der Expressionsvektor pKKj , offenbart in EP 2 670 837 Al, (Wacker) ist ein Derivat des Expressionsvektors pKK223-3. Die DNS- Sequenz von pKK223-3 ist offenbart in der GenBank Gendatenbank unter der Zugangsnummer M77749.1. Aus dem 4, 6 kb Plasmid wurden ca. 1,7 kb entfernt (bp 262 - 1947 der in M77749.1 offenbarten DNS-Sequenz) , wodurch der 2,9 kb Expressionsvektor pKKj entstand.

Produkt! on s stamm E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj :

Zur Expression der CSADcc-cds in E. coli wurde der Vektor pCSADcc-pKKj in bekannter Weise in den Stamm E. coli K12 JM105 transformiert. Der Stamm E. coli K12 JM105 ist käuflich erhältlich unter der Stammnummer DSM 3949 bei der DSMZ Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH. Klone der Transformation wurden auf LBamp Platten selektiert. LBamp Platten enthielten 10 g/1 Trypton (GIBCO™) , 5 g/1 Hefeextrakt (BD Biosciences) , 5 g/1 NaCl, 15 g/1 Agar und 100 mg/L Ampicillin (Sigma-Aldrich) . Ein Klon wurde ausgewählt für die Schüttelkolbenanzucht und Fermentation. Der CSADcc produzierende Stamm erhielt die Bezeichnung E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj . Die Expression der CSADcc-cds erfolgte in E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj in bekannter Weise unter Kontrolle des mit der CSADcc-cds funktionell verknüpften, IPTG- induzierbaren tac-Promotors (IPTG: Isopropyl-ß-Thiogalactosid, Sigma-Aldrich) .

Anzucht im Schüttelkolben:

Vom Stamm E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj wurde in LBamp-Medium eine Vorkultur hergestellt (Anzucht bei 37°C und 120 rpm über Nacht, Infors Truhenschüttler) .

Zwei ml Vorkultur wurden als Inokulum einer Hauptkultur von 100 ml SM3-Medium (1 L Erlenmeyerkolben) , supplementiert mit 15 g/L Glucose, 5 mg/L Pyridoxalphosphat (PLP, Sigma-Aldrich) und 100 mg/L Ampicillin, verwendet. Die Hauptkultur wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 30°C und 140 rpm geschüttelt. Nach 4 h Inkubationsdauer wurde eine Zelldichte ODgoo von 2,0 erreicht. Dann wurde der Induktor IPTG (Sigma- Aldrich, 0,4 mM Endkonzentration) zugegeben und die Anzucht für weitere 20 h in einem Truhenschüttler (Infors) bei 30°C und 140 rpm fortgesetzt.

Zusammensetzung des SM3-Mediums: 12 g/L K2HPO4, 3 g/L KH2PO4, 5 g/L (NH 4 ) 2 SO 4 , 0,3 g/L MgSO 4 x 7 H 2 O, 0,015 g/L CaCl 2 x 2 H 2 O, 0,002 g/L FeSO 4 x 7 H 2 O, 1 g/L Na 3 Citrat x 2 H 2 O, 0,1 g/L NaCl; 5 g/L Pepton (Oxoid) ; 2,5 g/L Hefeextrakt (BD Biosciences) ; 0,005 g/L Vitamin Bl; 1 ml/L Spurenelementlösung . Zusammensetzung der Spurenelementlösung : 0,15 g/L Na 2 Mo0 4 x 2 H 2 0, 2,5 g/L H3BO3, 0,7 g/L CoCl 2 x 6 H 2 0, 0,25 g/L CuSO 4 x 5 H 2 O, 1, 6 g/L MnCl 2 x 4 H 2 0, 0,3 g/L ZnSO 4 x 7 H 2 0.

Die Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht wurden durch Zentrifugation isoliert. Zur Herstellung einer Zellsuspension wurde das Zellpellet aus 50 ml Schüttelkolbenanzucht in 2 ml 50 mM Na-Phosphat, pH 7,0 (NaPi7 , 0-Puf f er ) aufgenommen. Die Zellsuspension wurde entweder direkt für Biotransformationsversuche oder zur Herstellung eines Zellhomogenats verwendet.

Zur Herstellung eines Zellhomogenats wurde der Zellhomogenisator FastPrep-24TM 5G der Fa . MP Biomedicals verwendet. 2 x 1 ml Zellsuspension wurden in vom Hersteller vorgefertigten 1,5 ml Röhrchen mit Glaskugeln („Lysing Matrix B") aufgeschlossen (3 x 20 see bei einer Schüttelfrequenz von 6000 rpm mit jeweils 30 see Pause zwischen den Intervallen) . Das erhaltene Zellhomogenat (2 ml Volumen) wurde ohne weitere Aufarbeitung für die Biotransformation von L-Cysteinsäure zu Taurin verwendet.

Anzucht durch Fermentation:

Für die Fermentation verwendet wurde der Produktionsstamm E. coli JM105 x pCSADcc-pKKj . Die Fermentation wurde in einem Biostat B Fermenter (2 L Arbeitsvolumen) der Firma Sartorius BBI Systems GmbH durchgeführt.

Schüttelkolben Vorkultur:

100 ml LBamp-Medium in einem 1 L Erlenmeyerkolben wurde von einer Agar-Platte mit dem Stamm JM105 x pCSADcc-pKKj beimpft und auf einem Inkubationsschüttler (Infors) 7 - 8 h bei 30°C und einer Drehzahl von 120 rpm bis zu einer Zelldichte ODgoo von 2/ml - 4/ml inkubiert.

Vorf ermenter : 1,5 L FM2-Medium, supplementiert mit 40 g/L Glucose und 100 mg/L Ampicillin, wurden mit 21,3 ml der Schüttelkolben- Vorkultur beimpft. Die Fermentationsbedingungen waren: Temperatur 30°C; pH-Wert konstant 7,0 (automatische Korrektur mit 25% NH4OH und 6, 8 N H3PO4) ; Schaumbekämpfung durch automatische Zudosierung von 4 % v/v Struktol J673 in H2O (Schill & Seilacher) ; Rührerdrehzahl 450 - 1300 rpm; Belüftung mit über einen Sterilfilter entkeimter Druckluft konstant 1,7 vvm (vvm: Eintrag von Druckluft in den Fermentationsansatz angegeben in Liter Druckluft je Liter Fermentationsvolumen pro Minute) ; pC>2 50%. Die Regulierung des Sauerstoffpartialdruckes pC>2 erfolgte über die Rührgeschwindigkeit. Nach einer Fermentationsdauer von 16 h wurde eine Zelldichte ODgoo von 45/ml erreicht.

Produktionsfermenter :

1,35 L FM2-Medium, pH 7,0, supplementiert mit 20 g/L Glucose, 0,36 g/L Pyridoxin (Vitamin B6, Sigma-Aldrich) und 100 mg/L Ampicillin, wurden mit 150 ml Vorf ermenter-Kultur beimpft. Die Fermentationsbedingungen waren: Temperatur 30°C; pH-Wert konstant 7,0 (automatische Korrektur mit 25% NH4OH und 6, 8 N H3PO4) ; Schaumbekämpfung durch automatische Zudosierung von 4 % v/v Struktol J673 in H2O (Schill & Seilacher) ; Rührerdrehzahl 450 - 1300 rpm; Belüftung konstant 1,7 vvm; pC>2 50%. Die Regulierung des Sauerstoffpartialdruckes pC>2 erfolgte über die Rührgeschwindigkeit. Die Fermentationsdauer betrug 30 h.

FM2-Medium: (NH 4 ) 2 SO 4 , 5 g/L; NaCl, 0,50 g/L; FeSO 4 x 7 H 2 O, 0,075 g/L; Na 3 -Citrat, 1 g/L, MgSO 4 x 7 H 2 O, 0,30 g/L, CaCl 2 x 2 H2O, 0,015 g/L, KH2PO4, 1,50 g/L, Vitamin Bl (Sigma-Aldrich) , 0,005 g/L; Pepton (Oxoid) , 5,00 g/L; Hefeextrakt (Oxoid) , 2,50 g/L; Spurenelementlösung, 10 ml/L (entspricht der für die Schüttelkolbenanzucht verwendeten) .

Der pH-Wert im Fermenter wurde zu Beginn durch Zupumpen einer 25 % NH4OH-Lösung auf 7,0 eingestellt. Während der Fermentation wurde der pH-Wert durch automatische Korrektur mit 25 % NH4OH, bzw. 6, 8 N H3PO4 auf einem Wert von 7,0 gehalten. Zum Animpfen wurden 150 ml Vorf ermenter-Kultur in das Fermentergefäß gepumpt. Das Anfangsvolumen betrug somit 1,5 L. Die Kulturen wurden zu Beginn mit 350 rpm gerührt und mit einer Belüftungsrate von 1,7 vvm begast. Unter diesen Startbedingungen war die Sauerstoff-Sonde vor der Inokulation auf 100 % Sättigung kalibriert worden.

Der Soll-Wert für die C^-Sättigung (pCh) während der Fermentation wurde auf 50 % eingestellt. Nach Absinken der O2- Sättigung unter den Soll-Wert wurde eine Regulationskaskade gestartet, um die C^-Sättigung wieder an den Soll-Wert heranzuführen. Dabei wurde die Rührgeschwindigkeit (bis auf max. 1.300 rpm) kontinuierlich gesteigert.

Die Fermentation wurde bei einer Temperatur von 30°C durchgeführt. Sobald der Glucose-Gehalt im Fermenter von anfänglich 20 g/L auf ca. 5 g/L abgesunken war, erfolgte die kontinuierliche Zudosierung einer 60 % (w/w) Glucose-Lösung. Die Fütterungsrate wurde so eingestellt, dass die Glucosekonzentration im Fermenter 2 g/L fortan nicht mehr überstieg. Die Glucose-Bestimmung erfolgte mit einem Glucoseanalysator der Firma YSI (Yellow Springs, Ohio, USA) .

Nachdem die Zelldichte im Fermenter eine ODgoo von 50/ml erreicht hatte (8 h Fermentationsdauer) , wurde die Expression des CSADcc-Gens durch einmalige Zugabe des Induktors IPTG (0,2 mM Endkonzentration) gestartet. 22 h nach Induktion, entsprechend einer gesamten Fermentationsdauer von 30 h, wurde die Fermentation gestoppt. Die Zelldichte ODgoo betrug zu diesem Zeitpunkt 164/ml. 1 L der Fermenterbrühe wurde zentrifugiert (10 min 15000 rpm, Sorvall Zentrifuge RC5C, ausgestattet mit einem SS34 Rotor) , der Fermentationsüberstand verworfen, die Zellen in 1 L NaPi7 , 0-Puf f er resuspendiert und für die weitere Verwendung in 50 ml Aliquots bei -20°C gelagert .

Beispiel 7 : Herstellung von Taurin aus kommerziell erhältlicher L-Cysteinsäure durch Bio transformation In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 12 mg L-Cysteinsäure x H2O (Sigma-Aldrich) eingewogen und in 9,7 ml NaPi7 , O-Puf f er gelöst. Die Reaktion wurde gestartet durch Zugabe von 0,3 ml Zellhomogenat aus der Schüttelkolbenanzucht von JM105 x pCSADcc-pKKj (Beispiel 6) . Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Die molare Konzentration der L-Cysteinsäure x H2O betrug 6,41 mM (Molekulargewicht L-Cysteinsäure x H2O: 187,2 g/mol) . Der

Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37°C und 140 rpm inkubiert. Nach 3 h wurde 1 ml des Ansatzes 5 min 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Die eingesetzte L-Cysteinsäure war vollständig verbraucht. Die gebildete Menge Taurin betrug 789,4 mg/L, entsprechend einem molaren Gehalt von 6,31 mM (Molekulargewicht Taurin: 125,1 g/mol) . Entsprechend betrug die molare Ausbeute des aus 6,41 mM L-Cysteinsäure x H2O gebildeten Taurins 98,4 %.

Beispiel 8: Herstellung von Taurin aus kommerziell erhältlichem OAS durch Biotransformation

Reaktion 1: Herstellung von L-Cysteinsäure aus OAS:

In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 6, 6 ml KPi6, 5-Puf fer vorgelegt und in schneller Folge 0,4 ml einer 0,2 M Stocklösung von OAS x HCl (Sigma-Aldrich) , gelöst in 0,5 M Na- Succinat, pH 5,5, 1 ml 1 M Na2SOs in KPi6, 5-Puf fer und 2 ml Zellsuspension von cysM-Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht (aus Beispiel 2A; CysM Enzymaktivität 57,1 U/ml) zugegeben.

Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Die Dosierung des CysM-Enzyms im Ansatz betrug 11,4 U/ml) . Die molare Konzentration von OAS x HCl betrug 8,00 mM (1,47 g/L; OAS x HCl Molekulargewicht: 183, 6 g/mol) . Der Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37°C und 140 rpm inkubiert. Nach 3 h wurde 1 ml des Ansatzes 5 min 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Das eingesetzte OAS war vollständig verbraucht. Die gebildete Menge L-Cysteinsäure betrug 1350,4 mg/L, entsprechend einem molaren Gehalt von 7,98 mM (Molekulargewicht L-Cysteinsäure: 169,2 g/mol) . Die molare Ausbeute der aus 8,00 mM OAS x HCl gebildeten L-Cysteinsäure betrug 99,7 % .

Reaktion 2: Herstellung von Taurin aus der in Reaktion 1 synthetisierten L-Cysteinsäure:

In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 9 ml des Ansatzes aus Reaktion 1 vorgelegt, der pH mit 1 M KOH auf pH 7,0 eingestellt und 1 ml Zellhomogenat aus der Schüttelkolbenanzucht des Stammes JM105 x pCSADcc-pKKj zugegeben (Beispiel 6) . Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Ausgehend von einem L-Cysteinsäure Gehalt von 1350,4 mg/L aus der Reaktion 1 betrug der L-Cysteinsäure Gehalt zu Beginn der Reaktion 2 1215,4 mg/L (7,18 mM bei einem Molekulargewicht von 169,2 für L-Cysteinsäure) . Der Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37°C und 140 rpm inkubiert. Nach 3 h wurde 1 ml des Ansatzes 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Die eingesetzte L-Cysteinsäure war vollständig verbraucht. Der Gehalt an Taurin betrug 825,7 mg/L (6, 60 mM bei einem Molekulargewicht für Taurin von 125,1 g/mol) . Die molare Ausbeute des aus 7,18 mM L-Cysteinsäure gebildeten Taurin betrug 91,9 % .

Beispiel 9: Herstellung von Taurin durch CSADcc- katalysierte Umsetzung von L-Cysteinsäure aus der Reaktion von fermentativ hergestelltem OAS mit NaHSOs und fermentativ hergestelltem CysM- Enzym

In einem 100 ml Erlenmeyerkolben wurden 7 ml NaPi7 , 0-Puf f er mit 5 mg/L PLP, 1 ml des Ansatzes aus Beispiel 5 mit einem Gehalt von L-Cysteinsäure von 12970 mg/L und 2 ml CSADcc- Zellen in NaPi7 , 0-Puf f er (Beispiel 6) gemischt. Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Der L-Cysteinsäure Gehalt im Ansatz betrug 1297 mg/L, entsprechend einem molaren Gehalt von 7, 67 mM (Molekulargewicht L-Cysteinsäure: 169,2 g/mol) . Der Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infors) bei 37°C und 140 rpm inkubiert. Nach 4 h wurde 1 ml des Ansatzes 5 min 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Die eingesetzte L-Cysteinsäure war vollständig verbraucht. Die gebildete Menge Taurin betrug 925,3 mg/L, entsprechend einem molaren Gehalt von 7,40 mM (Molekulargewicht Taurin: 125,1 g/mol) . Die molare Ausbeute des aus 7, 67 mM L-Cysteinsäure gebildeten Taurins betrug 96,4

Beispiel 10: Präparative Herstellung von Taurin

Biotransformation 1 :

Ein doppelwandiges 0,5 L thermostatisierbares Glasgefäß (Diehm) wurde über eine Schlauchverbindung an einen Thermostaten (Lauda) angeschlossen und auf 37°C temperiert. 50 ml CysM-haltige Zellsuspension in KPi6, 5-Puf fer (ODgoo 90/ml, 8720 U CysM-Enzymakt ivi tät ) aus der Fermentation des Stammes DH5a/pFL145 (aus Beispiel 2) sowie 20 ml einer 400 g/L Lösung von Na2S20s (42,1 mmol, Molekulargewicht 190,1 g/mol) in KPi6, 5-Puf fer wurden vorgelegt. In gelöster Form entsprach das 84,2 mmol NaHSO3 (1, 63-fach molarer Überschuss zur später zudosierten OAS-Menge von 51,7 mmol) . Der Ansatz wurde mit einem Magnetrührer gerührt. Der Ansatz wurde weiterhin mit einer pH-Elektrode (Mettler Toledo) ausgestattet, welche mit einer pH-Kontrolleinheit (Titrator TitroLine alpha, Schott) verbunden war, die nach den Vorgaben des Herstellers im pH- Stat Modus betrieben wurde. Unter pH-Stat Bedingungen wurde der pH im Reaktionsgefäß während der gesamten Laufzeit der Reaktion konstant beim eingestellten pH 6,5 gehalten durch Zudosierung von 2 M NaOH aus einer mit der Kontrolleinheit verbundenen Bürette. 400 ml OAS-haltiger Fermentationsüberstand (OAS-Gehalt 19,1 g/L, 7, 6 g; 51,7 mmol) aus der Fermentation des Stammes E. coli W3110/pACYC-cysEX- GAPDH-ORF306 (Beispiel 1) wurde aus einer Vorlage über eine Pumpe (Watson Marlow Peristaltikpumpe 101U/R) mit einer Flußrate von 0,2 ml/min in den Ansatz zudosiert. Die gesamte Reaktionsdauer betrug 46 h. Das Ansatzvolumen betrug nach Beendigung der Reaktion 500 ml. 1h, 3h, 20h, 28h und 46h nach Start der Reaktion wurde j e 1 ml Aliquots des Ansatzes entnommen, 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand auf den Gehalt an L-Cysteinsäure durch HPLC analysiert. Der zeitliche Verlauf der Bildung von L- Cysteinsäure ist in Tab. 4 zusammengefasst. Nach 46 h Reaktionsdauer betrug L-Cysteinsäure Gehalt im Ansatz 15370 mg/L (90,8 mM) , was bei einem Ansatzvolumen von 500 ml einer absoluten molaren Ausbeute von 45,4 mmol L-Cysteinsäure entsprach. Bezogen auf die eingesetzte Menge OAS von 51,7 mmol entsprach dies einer Ausbeute von 87,8 %.

Tabelle 4: Mittels HPLC nachgewiesene Menge an L-

Cysteinsäure in Abhängigkeit von der Reaktionszeit, wobei ein OAS-haltiger Fermentationsüberstand, NaHSOß und eine Zellsuspension von CysM-haltigen Fermenterzellen eingesetzt wurden

Zeit [h] L-Cysteinsäure [mg/L] L-Cysteinsäure [mM]

1 709, 0 4,2

3 1427, 0 8,4

20 9814, 0 58, 0

28 10560, 0 62,4

46 15370, 0 90, 8

Biotransformation 2 :

Ein doppelwandiges 0,3 L thermostatisierbares Glasgefäß (Diehm) wurde über eine Schlauchverbindung an einen Thermostaten (Lauda) angeschlossen und auf 37°C temperiert. 100 ml L-Cysteinsäure-haltige Biotransformation 1 wurden mit 2,5 M NaOH auf pH 7,0 eingestellt. Weiter wurden 1 ml 1 M DTE (Dithioerythrol, Sigma-Aldrich) , gelöst in H2O, 1 ml 500 mg/L PLP (4 mg/L Endkonzentration) , gelöst in NaPi7 , 0-Puf f er und 20 ml CSADcc-haltige, in NaPi7 , 0-Puf f er resuspendierte Fermenterzellen zugegeben. Der Ansatz wurde mit einem Magnetrührer gerührt. Das Ansatzvolumen betrug 122 ml. Zu Beginn der Reaktion und dann nach 2h, 4h, 6h und 24h wurden je 1 ml Aliquots des Ansatzes entnommen, 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand auf den Gehalt an L-Cysteinsäure und Taurin durch HPLC bestimmt. Das Ergebnis ist in Tab. 5 zusammengefasst. Bezogen auf die molare eingesetzte Menge L-Cysteinsäure im Ansatz von 74,4 mM wurde eine Taurin-Ausbeute (8,8 g/L, 70,2 mM) von 94,3 % erzielt.

Tabelle 5: Mittels HPLC nachgewiesene Menge an L-

Cysteinsäure und Taurin in Abhängigkeit von der Reaktionszeit, wobei ein L-Cystein-haltiger Fermentationsüberstand aus Biotransformation 1 und eine Zellsuspension von CSADcc-haltigen Fermenterzellen eingesetzt wurden

Beispiel 11: Herstellung von Taurin aus OAS in einer

„Eintopfreakti on"

Der Reaktionsansatz war zusammengesetzt aus 3 ml KPi6,5- Puffer, 2 ml OAS-haltigem Fermentationsüberstand aus der Fermentation des Stammes E. coli W3110/pACYC-cysEX-GAPDH- ORF306 (Beispiel 1) , 1 ml 1 M Na2SOs in KPi6, 5-Puf fer, 2 ml Zellsuspension CysM-haltiger Zellen aus der Fermentation des Stammes DH5a/pFL145 (Beispiel 2B) und 2 ml Zellsuspension CSADcc-haltiger Zellen aus der Schüttelkolbenanzucht des Stammes JM105 x pCSADcc-pKKj (Beispiel 6) . Das Ansatzvolumen betrug 10 ml. Die OAS-Konzentration im Ansatz betrug 3,1 g/L (20, 80 mM) . Die Na2S03-Konzentration im Ansatz betrug 100 mM. Die CysM-Enzymaktivität im Ansatz betrug 34,9 U/ml.

Die Reaktion wurde bei pH 6,5 durchgeführt. Der Ansatz wurde in einem Truhenschüttler (Infers) bei 37°C und 140 rpm inkubiert. 24 h nach Beginn der Reaktion wurde 1 ml des Ansatzes 5 min bei 80°C inkubiert, zentrifugiert und der Überstand durch HPLC analysiert. Der Gehalt an L-Cysteinsäure betrug 1,3 g/L (7, 68 mM, bei einem Molekulargewicht für L- Cysteinsäure von 169,2 g/mol) . Der Gehalt an Taurin betrug 721 mg/L (5,76 mM, bei einem Molekulargewicht für Taurin von 125,1 g/mol) . Die molare Ausbeute der aus 20,80 mM OAS gebildeten 7, 68 mM L-Cysteinsäure betrug 36,9 %. Die molare Ausbeute der aus 20,80 mM OAS gebildeten 5,76 mM Taurin betrug 27,7 %. Insgesamt betrug die molare Ausbeute der aus OAS gebildeten L- Cysteinsäure und Taurin 64, 6 %.