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Title:
FIBRE MATERIAL HAVING AN ANTIMICROBIAL AND ODOUR-NEUTRALISING EFFECT
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/094586
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a fibre material having an antimicrobial effect, comprising fibres of regenerated cellulose and/or regenerated cellulose derivatives and also at least one antimicrobial active agent component. The invention also relates to a method for producing a fibre material having an antimicrobial effect, a fibre material produced by this method, and the use of the fibre material. The active agent component of the fibre material according to the invention comprises silver (Ag) and ruthenium (Ru), with silver and ruthenium being in electrical contact with one another and embedded in the cellulose - and/or cellulose derivative - fibres and/or at least partially surrounded thereby. The fibre material according to the invention has not only antimicrobial properties, but advantageously also deodorising and/or odour-neutralising properties. In particular, the durability of the efficacy of the sanitary fibres according to the invention is surprising. After 50 washes and even after 100 washes, no considerable deterioration in the efficacy or reduction of the antimicrobial, deodorising and/or odour-neutralising properties can be observed.

Inventors:
ABUL-ELLA AYAD (DE)
WAGNER OLAF (DE)
MEYER CARSTEN (DE)
LANDAU UWE (DE)
MEISTER FRANK (DE)
KRIEG MARCUS (DE)
KINDLER CHRISTOPH (DE)
Application Number:
PCT/EP2022/083266
Publication Date:
June 01, 2023
Filing Date:
November 25, 2022
Export Citation:
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Assignee:
AGXX INTELLECTUAL PROPERTY HOLDING GMBH (DE)
International Classes:
D01F1/10; D01F2/00; D01F2/06
Foreign References:
EP3915376A12021-12-01
DE102007019768A12008-11-13
EP3281695A12018-02-14
DE102006056977B32008-05-08
DE102007019768A12008-11-13
DE102008045290A12010-03-04
EP0677989B11998-09-16
US8367089B22013-02-05
DE60305172T22007-05-10
Other References:
VAISHAMPAYAN ANKITA ET AL: "Transcriptomic analysis of stress response to novel antimicrobial coatings in a clinical MRSA strain", MATERIALS SCIENCE AND ENGINEERING C, ELSEVIER SCIENCE S.A, CH, vol. 119, 30 September 2020 (2020-09-30), XP086402136, ISSN: 0928-4931, [retrieved on 20200930], DOI: 10.1016/J.MSEC.2020.111578
Attorney, Agent or Firm:
REMUS, Alvaro (DE)
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Claims:
26

Patentansprüche Fasermaterial mit antimikrobieller Wirkung, das Fasern aus regenerierter Cellulose und/oder regenerierten Cellulose-Derivaten sowie mindestens eine antimikrobielle Wirkstoffkomponente umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die Wirkstoffkomponente Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) umfasst, wobei Silber und Ruthenium miteinander in elektrischem Kontakt stehen und in die Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern eingebettet und/oder zumindest teilweise von diesen umgeben sind. Fasermaterial nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in partikulärer Form homogen verteilt in die Cellulose- und/oder Cellulose-Derivat - Fasern eingebettet und/oder zumindest teilweise von diesen umgeben sind. Fasermaterial nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Silber-ZRuthenium- Bimetall-Partikeln vorliegen. Fasermaterial nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Silber- /Ruthenium-Bimetall-Partikel Partikel aus Cellulose und/oder Cellulose- Derivaten, die mit Silber und Ruthenium beschichtet sind, umfassen. Fasermaterial nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Silber und/oder das Ruthenium zumindest teilweise in Form einer Metallverbindung vorliegt/vorliegen, wobei die Metallverbindung mindestens ein Metalloxid, Metalloxyhydrat, Metallhydroxid, Metalloxyhydroxid, Metallhalogenid und/oder mindestens ein Metallsulfid umfasst. Verfahren zur Herstellung eines Fasermaterials mit antimikrobieller Wirkung, insbesondere des Fasermaterials nach einem der Ansprüche 1 bis 5, welches die folgenden Schritte umfasst: a) Bereitstellen von Zellstoff, der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate umfasst, b) Optional Herstellen eines Lösungsmittelsystems, das mindestens ein Lösungsmittel und Wasser umfasst, c) Mischen des Zellstoffs mit mindestens einem Lösungsmittel und Wasser, oder optional mit dem Lösungsmittelsystem gemäß b), zur Herstellung einer Pulpe, d) Lösen der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate in der Pulpe zur Herstellung einer Spinnlösung; e) Pressen der Spinnlösung durch Spinndüsen und f) Regenerieren der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate zur Erzeugung modifizierter Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern, dadurch gekennzeichnet, dass der Pulpe und/oder der Spinnlösung und/oder optional dem Lösungsmittelsystem mindestens eine antimikrobielle

Wirkstoffkomponente zugegeben wird, die Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) umfasst. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die antimikrobielle Wirkstoffkomponente in fester Form, insbesondere als Pulver, zugegeben und in der Pulpe und/oder der Spinnlösung und/oder optional dem Lösungsmittelsystem dispergiert wird. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die antimikrobielle Wirkstoffkomponente in fester Form, insbesondere als Pulver, zunächst in dem Lösungsmittelsystem dispergiert wird und die dadurch hergestellte Dispersion anschließend der Pulpe zugegeben wird. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Pulpe nach Zugabe der antimikrobiellen Wirkstoffkomponente homogenisiert wird. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Silbermetallpartikeln, die teilweise mit metallischem Ruthenium beschichtet sind, zugegeben werden. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Partikeln zugegeben werden, die ein Trägermaterial umfassen, auf dem Silber und Ruthenium aufgebracht sind. Verfahren nach Anspruch 11 , dadurch gekennzeichnet, dass das Trägermaterial Cellulose und/oder mindestens ein Cellulose-Derivat umfasst. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Lösungsmittel N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) ist. Fasermaterial hergestellt in dem Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 13. Verwendung des Fasermaterials nach einem der Ansprüche 1 bis 5 oder 14, zur Herstellung von Wundauflagen, Wundverbänden und/oder Pflastermaterialien.

Description:
Fasermaterial mit antimikrobieller und geruchsneutralisierender Wirkung

Hintergrund der Erfindung

Die Erfindung betrifft ein Fasermaterial mit antimikrobieller Wirkung, das Fasern aus regenerierter Cellulose und/oder regenerierten Cellulose-Derivaten sowie mindestens eine antimikrobielle Wirkstoffkomponente umfasst. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung eines Fasermaterials mit antimikrobieller Wirkung, ein nach diesem Verfahren hergestelltes Fasermaterial und die Verwendung des Fasermaterials.

Stand der Technik

Antimikrobielle Fasern, Faserverbunde, Garne und textile Flächengebilde sind bekannt. So beschreiben zahlreiche Veröffentlichungen wie beispielsweise die DE 10 2006 056977 B3, DE 10 2007 019 768 A1 und DE 10 2008 045 290 A1 Zusätze aus antimikrobiellen, partikulären, flüssigen oder schmelz- bzw. verdampfbaren Wirkstoffen bzw. Wirkstoffverbunden aus metallischen Nano- oder Mikrophasen, Salzen, Gläsern bzw. modifizierten Alumosilikaten oder organischen Biozidwirkstoffen für nass, trocken-nass oder trocken gesponnene Fasern. Diese Zusätze werden vor dem bzw. im Formgebungsprozess bzw. zur Ausrüstung von Fasern, Garnen oder Textilien zugegeben (z.B. EP 0 677 989 B1 ). Nachteiliges, gemeinsames Merkmal derart funktionalisierter Fasern, Faserverbunde, Game und Flächengebilde sind die unzureichende Beständigkeit und die sich daraus für den Anwender schwer kontrollierbar verschlechternde oder gar ausbleibende Wirkung, z.B. aufgrund von Auswaschung der für die Funktion maßgeblichen Wirkstoffe.

Cellulose wird neben der Textil-, Papier- und Baustoffindustrie auch im Medizinbereich eingesetzt. Die weite Verbreitung des Einsatzes von Cellulose- Werkstoffen, insbesondere deren Einsatz für medizinische Anwendungen, haben zur Entwicklung von antimikrobiell ausgerüsteten Cellulose-Fasern geführt. Die Mehrzahl der Arbeiten zur Herstellung antimikrobieller Cellulose hat sich bisher mit dem Einbringen von biozidal wirkenden Nano-Silberpartikeln auf bzw. in die Cellulose-Fasern durch verschiedene Abscheidungsprozesse beschäftigt (z.B. US 8 367 089 B2 und DE 603 05 172 T2).

Antimikrobielle Fasern oder Textilien, die Beschichtungen oder Wirkstoffe bzw. Wirkstoffverbunde enthalten, wie beispielsweise Kombinationen aus Silber-, Kupferoder Zink-Ionen, welche in oder an der Fasermatrix fixiert werden, z.B. an lonen- Austauscher-Harzen, in Gläsern oder modifizierten Alumosilikaten, zeigen zwar eine bessere Beständigkeit gegen Auswaschung, die Wirksamkeit verschlechtert sich jedoch auch hierbei bereits nach 10-20 Waschzyklen, da diese Technologien einheitlich auf der Abgabe des jeweiligen Wirkstoffs basieren (Depot-Effekt). Aufgrund dieses Depot-Effektes wären für eine längere Beständigkeit der Wirkung höhere Wirkstoffkonzentrationen von deutlich mehr als 1 Gew.-% notwendig. Dem steht entgegen, dass die oben genannten antimikrobiellen Wirkstoffe wie beispielsweise Silber, Kupfer, Zink usw. wegen der damit bestehenden Gefahr einer Behinderung der Cellulose-Modifizierung (Viskose- bzw. Carbamat-Prozess) bzw. der spontanen, autokatalytischen Zersetzung des eingesetzten Lösungsmittels (Lyocell-Prozess), die sich in einem exothermen DSC-Kurvenverlauf durch eine deutliche Absenkung der Temperatur für den Zersetzungsbeginn des bevorzugt eingesetzten N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) („on-set-Temperatur“) von ca. 160°C auf z.T. unter 130°C bemerkbar macht, nicht oder nur in sehr geringer Menge (« 1 %) im Formgebungsschritt (Lösungsherstellung und Faserspinnung) in die Fasermatrix eingebracht werden können. Ebenfalls nachteilig insbesondere bei Wirkstoffkonzentrationen von mehreren Gewichtsprozent, wie Sie für eine beständige Wirksamkeit herkömmlicher Wirkstoffe benötigt würden, ist die Beeinträchtigung der Fasereigenschaften wie z.B. mechanische Stabilität, lange Lebensdauer, Färbbarkeit, Wasseraufnahme-ZSaugfähigkeit und Verarbeitbarkeit.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es bis dato keine Fasern, Faserverbunde, Game und textile Flächengebilde gibt, welche unter Verwendung von Standardprozessen und -anlagen hergestellt werden können, Fasereigenschaften aufweisen, welche mit denen unbehandelter Fasern vergleichbar sind, und eine über den gesamten textilen Lebenszyklus anhaltende antimikrobielle Wirkung besitzen. Zusammenfassung der Erfindung

Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Fasermaterial mit einer über den gesamten Lebenszyklus anhaltenden antimikrobiellen Wirkung bereitzustellen, welches unter Verwendung von Standardprozessen und Anlagen hergestellt werden kann und Eigenschaften besitzt, die mit denen unbehandelter Fasermaterialien vergleichbar sind.

Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Fasermaterial der eingangs genannten Art gelöst, bei dem die Wirkstoffkomponente Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) umfasst, wobei Silber und Ruthenium miteinander in elektrischem Kontakt stehen und in die Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern eingebettet und/oder zumindest teilweise von diesen umgeben sind. Das erfindungsgemäße Fasermaterial umfasst Regeneratfasern, die nicht nur antimikrobielle, sondern überraschender Weise auch desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Eigenschaften aufweisen. Diese Eigenschaften des erfindungsgemäßen Fasermaterials (im Folgenden auch als „Hygienefasern“ bezeichnet) beruhen nicht auf der Abgabe von Schwermetall-Ionen oder organischen Biozid-Wirkstoffen, zeigen aber überraschender Weise dennoch eine antimikrobielle Wirksamkeit, welche die in den einschlägigen Normen geforderten Werte deutlich übertrifft. Darüber hinaus haben die erfindungsgemäßen Fasermaterialien auch eine desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirkung, die nicht allein auf eine Hemmung oder Abtötung von Mikroorganismen zurückzuführen ist, sondern in vorteilhafter Weise auch auf einer Neutralisierung (z.B. durch Abbau oder Umwandlung) organischer Substanzen (Geruchsstoffe bzw. -moleküle) basiert. Dabei ist insbesondere die Beständigkeit der Wirksamkeit der erfindungsgemäßen Hygienefasern überraschend. Sowohl nach 50 Waschungen als auch nach 100 Waschungen ist keine nennenswerte Verschlechterung der Wirksamkeit bzw. Reduzierung der antimikrobiellen, desodorierenden und/oder geruchsneutralisierenden Eigenschaften zu beobachten. Überraschend für den Fachmann ist auch, dass die antimikrobiellen, desodorierenden und/oder geruchsneutralisierenden Eigenschaften des erfindungsgemäßen Fasermaterials nicht von einer Präsenz oder Zugänglichkeit der Wirkstoffkom ponente an der Oberfläche der Hygienefasern abhängen, sondern trotz der in den Faserquerschnitt der Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern eingebrachten Wirkstoffkomponente bei vollständigem und auswaschresistentem Einschluss in die Fasermatrix uneingeschränkt ausgeprägt sind. Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Fasermaterials liegt ferner darin, dass es Eigenschaften besitzt, die mit denen unbehandelter Fasermaterialien, z.B. in Bezug auf mechanische Stabilität, Lebensdauer, Färbbarkeit, Wasseraufnahme- ZSaugfähigkeit und Verarbeitbarkeit, vergleichbar sind.

Erfindungsgemäß umfasst die Wirkstoffkom ponente Silber (Ag) und Ruthenium (Ru), wobei Silber und Ruthenium miteinander in elektrischem Kontakt stehen. Silber und Ruthenium können zumindest teilweise in metallischer Form, zumindest teilweise in Form ihrer Salze und/oder zumindest teilweise in Form einer Metallverbindung vorliegen. Silber und Ruthenium weisen unterschiedliche elektrochemische Potentiale auf und bilden somit eine galvanische Zelle (d.h. ein „mikrogalvanisches Element“). Wird diese Zelle über eine wässrige Phase kurzgeschlossen, entsteht aufgrund der geringen Distanz (nm- oder pm-Bereich) zwischen den beiden sich kontaktierenden Metallen eine hohe elektrische Feldstärke. Diese trägt signifikant zur Keimabtötung bei. An beiden Elektroden des mikrogalvanischen Elements laufen dabei Redox-Reaktionen ab, die jede für sich zu einer Abtötung von Mikroorganismen führen. Am ersten Halbelement (Kathode) wird molekularer Sauerstoff zu Sauerstoffradikalen reduziert, die dann toxisch auf die Mikroorganismen wirken. Am zweiten Halbelement (Anode) werden Elektronen von den Mikroorganismen an den Silberhalbleiter abgegeben und diese dadurch oxidativ zerstört. Die erfindungsgemäße Wirkstoffkomponente aus Silber und Ruthenium, dessen antimikrobielle Wirksamkeit nicht auf der Abgabe von Bioziden oder Metallionen, sondern auf der katalytisch unterstützten Erzeugung von Sauerstoffradikalen beruht, verändert seine Zusammensetzung auch bei langzeitiger Anwendung nicht und benötigt im Gegensatz zu Bioziden oder oligodynamischen Metallen kein Depot oder die Biozid- bzw. Metallionenabgabe regulierende Vorrichtungen. Anders als bei Bioziden und oligodynamischen Metallen, die für ihre Wirksamkeit toxische Stoffe in die Umwelt abgeben müssen, entsteht bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Wirkstoffkomponente aus den gebildeten Sauerstoffradikalen am Ende nur Wasser. Da es sich bei der Metallkombination Ag/Ru um ein katalytisch unterstütztes System handelt, ist deren antimikrobielle Wirkung in vorteilhafter Weise ausschließlich von der aktiven Oberfläche und nicht wie bei Bioziden oder den oligodynamischen Systemen (Silber, Kupfer und Zink bzw. deren Salze oder Verbindungen) von deren Menge und Auslaugungsgeschwindigkeit abhängig.

Die beiden Metalle (Silber und Ruthenium) können beispielsweise als Schichtsystem auf der Oberfläche eines partikulären Trägers (Trägermaterial) aufgebracht sein, wobei die Schicht des einen Metalls zumindest teilweise über der des anderen Metalls liegt. Dabei kann die jeweils obere Schicht porös (insbesondere nanoporös) bzw. mikrorissig, insbesondere clusterförmig, auf das andere Metall aufgetragen bzw. auf diesem abgeschieden sein, so dass die wässrige Lösung bzw. die Feuchtigkeit Zugang zu beiden Halbelementen hat und das mikrogalvanische Element kurzgeschlossen wird. Alternativ oder zusätzlich können die beiden Metalle (Halbelemente) aber beispielsweise auch in Form einzelner Partikel auf der Oberfläche eines partikulären Trägers (Trägermaterial) aufgebracht sein. Grundsätzlich kann es sich beispielsweise um Bimetallpartikel, die beide Metalle umfassen, und/oder Metallpartikel, die jeweils nur eines der beiden Metalle umfassen, handeln. Letztere können sequenziell, d.h. erst Partikel des ersten Metalls und dann Partikel des zweiten Metalls (oder umgekehrt), oder gleichzeitig als Gemisch von Partikeln beider Metalle so auf ein Trägermaterial aufgebracht werden, dass sie in elektrisch leitendem Kontakt stehen. Die Partikel können einschichtig (nebeneinanderliegend) und/oder zumindest teilweise mehrschichtig (übereinanderliegend) auf dem Trägermaterial aufgebracht sein.

In vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in partikulärer Form homogen verteilt in die Cellulose- und/oder Cellulose-Derivat - Fasern eingebettet und/oder zumindest teilweise von diesen umgeben sind. Die homogene Verteilung einzelner Partikel innerhalb der Fasern bzw. im Faserquerschnitt gewährleistet eine gleichmäßige antimikrobielle, desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirkung der Wirkstoffkomponente innerhalb und an der gesamten Oberfläche der Fasern.

In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Silber-ZRuthenium-Bimetall-Partikeln vorliegen. Die Silber-ZRuthenium-Bimetall-Partikel können beispielsweise Silberpartikel umfassen, die teilweise mit Ruthenium beschichtet sind. Zusätzlich oder alternativ können die Silber-ZRuthenium-Bimetall-Partikel Partikel aus Cellulose undZoder Cellulose-Derivaten umfassen, die mit Silber und Ruthenium beschichtet sind.

In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass das Silber undZoder das Ruthenium zumindest teilweise in Form einer Metallverbindung vorliegtZvorliegen, wobei die Metallverbindung mindestens ein Metalloxid, Metalloxyhydrat, Metallhydroxid, Metalloxyhydroxid, Metallhalogenid undZoder mindestens ein Metallsulfid umfasst. Die vorliegende Erfindung umfasst somit in vorteilhafter Weise beispielsweise auch eine Wirkstoffkomponente, die eine halbleitende, katalytisch aktive Ruthenium-Verbindung (Halbelement I eines galvanischen Elementes) und eine halbleitende, schwer lösliche Silberverbindung (z. B. Silberoxid, Silberhydroxid, Silbersulfid, Silber-Halogen-Verbindungen oder Kombinationen daraus; Halbelement II des galvanischen Elementes) umfasst. Ruthenium ist ein Edelmetall, das mehrere Oxidationszustände besitzt und aufgrund seiner unterschiedlichen Wertigkeiten in der Lage ist, beispielsweise unterschiedliche Ruthenium-Oxide zu bilden. Oberflächen-Redox-Übergänge wie Ru(VIII)ZRu(VI), Ru(VI)ZRu(IV), Ru(IV)ZRu(lll) und möglicherweise Ru(lll)ZRu(ll) sind die Ursache für die hohe katalytische Aktivität der Ruthenium-Mischverbindungen und deren guten elektrischen Leitfähigkeiten. Die ungewöhnlich ausgeprägten katalytischen und elektrokatalytischen Eigenschaften der Ruthenium-Verbindungen hängen dabei von der Variation der Oxidationsstufen ab. Die antimikrobielle Wirkung ist beispielsweise besonders hoch bei erfindungsgemäßen Wirkstoffkomponenten, die im ersten Halbelement Ruthenium(VI)-Oxid umfassen. Die hohe katalytische Aktivität solcher Halbelemente für die Sauerstoffreduktion ist dabei auf den leichten Wechsel der Oxidationsstufen sowie den leichten Sauerstoffaustausch zurückzuführen, die an den aktiven Zentren der Halbleiteroberfläche bevorzugt stattfinden. Dabei wird das Ruthenium nur in seiner Wertigkeit verändert, wodurch die eigentliche Redox-Reaktion entsteht. Deshalb wird keine Ruthenium-Verbindung verbraucht oder gebildet, sondern nur die Oxidationsstufen verändert. Die Ruthenium-Verbindung bindet den molekularen Sauerstoff, wodurch dieser katalytisch reduziert werden kann. Deshalb ist das Vorhandensein von mehreren Wertigkeiten Voraussetzung für die katalytische Wirkung und die Redox-Reaktion. Es muss also keine Ruthenium-Verbindung gebildet werden. Schwer lösliche Silberverbindungen weisen katalytische Eigenschaften, eine elektrische Leitfähigkeit und eine hohe Stabilität in Wasser auf. Die Wirkstoffkomponente kann also beispielsweise zusätzlich zum metallischen Ruthenium und metallischen Silber auch ein halbleitendes, katalytisch aktives Rutheniumoxid bzw. Rutheniumsulfid (Halbelement I des galvanischen Elementes) und eine halbleitende, schwer lösliche Silberverbindung (Silberoxid, Silberhydroxid, Silbersulfid, Silber-Halogen-Verbindungen oder Kombinationen daraus; Halbelement II des galvanischen Elementes) umfassen.

Das erfindungsgemäße Fasermaterial kann beispielsweise in Form von antimikrobiellen Fasern als Bestandteil von Faserverbunden, Garnen und/oder textilen Flächengebilden verwendet werden (Hygienefaserverbunde, Hygienegarne bzw. textile Hygieneflächengebilde), so dass diese über ihren gesamten textilen Lebenszyklus anhaltende antimikrobielle, desodorierende und geruchsneutralisierende Eigenschaften aufweisen. Das erfindungsgemäße Fasermaterial kann beispielsweise ferner zur Herstellung von saugfähigen Geweben verwendet werden, die wiederum als Wundauflagen, Wundverbände und/oder Pflastermaterialien verwendet und/oder in diese integriert werden können.

Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur Herstellung eines Fasermaterials mit antimikrobieller Wirkung, insbesondere des oben beschriebenen Fasermaterials, gelöst, welches die folgenden Schritte umfasst: a) Bereitstellen von Zellstoff, der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate umfasst, b) Optional Herstellen eines Lösungsmittelsystems, das mindestens ein Lösungsmittel und Wasser umfasst, c) Mischen des Zellstoffs mit mindestens einem Lösungsmittel und Wasser, oder optional mit dem Lösungsmittelsystem gemäß b), zur Herstellung einer Pulpe, d) Lösen der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate in der Pulpe zur Herstellung einer Spinnlösung; e) Pressen der Spinnlösung durch Spinndüsen und f) Regenerieren der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate zur Erzeugung modifizierter Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern, wobei der Pulpe und/oder der Spinnlösung und/oder optional dem Lösungsmittelsystem mindestens eine antimikrobielle Wirkstoffkomponente zugegeben wird, die Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) umfasst.

Erfindungsgemäß wird die antimikrobielle Wirkstoffkomponente also während der Faserherstellung, z.B. im Lyocell-, Viskose- oder Carbamat-Prozess, zugegeben. Das bewirkt, dass die Wirkstoffkomponente bzw. Silber und Ruthenium vollständig in die Fasern eingebettet werden können und/oder zumindest teilweise von diesen umgeben bzw. umschlungen wird. Dabei wurde selbst für den Fachmann in unerwarteter Weise festgestellt, dass die Zugabe der Silber-Ruthenium- Wirkstoffkomponente keine Absenkung der on-set-Temperatur oder andere nachteiliger Beeinträchtigungen des Herstellprozesses zur Folge hatte. So konnte die Faserherstellung auch bei Hinzugabe dieser Wirkstoffkomponente ohne Qualitätsverlust auf den Standardanlagen und mit den Standardprozessen durchgeführt werden. Für den Fachmann ebenfalls überraschend ist, dass die antimikrobielle, desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirkung des erfindungsgemäß hergestellten Fasermaterials, das beispielsweise nach dem Trocken-Nass-Spinnverfahren gefertigt und bereits im Formgebungsprozess mit partikulären, flüssigen oder schmelz- bzw. verdampfbaren Wirkstoffkomponenten versehen wird, nicht auf der Abgabe von Schwermetall-Ionen oder organischen Biozid-Wirkstoffen basiert und dennoch eine antimikrobielle Wirksamkeit zeigt, welche die in den einschlägigen Normen geforderten Werte deutlich übertrifft. Des Weiteren ist für den Fachmann die Beständigkeit der Wirksamkeit des erfindungsgemäß hergestellten Fasermaterials überraschend. Sowohl nach 50 Waschungen wie auch nach 100 Waschungen ist keine nennenswerte Verschlechterung der Wirksamkeit zu beobachten. So zeigen beispielsweise erfindungsgemäße Fasermaterialien auch nach 100 Waschzyklen in Anlehnung an die Prüfnorm DIN EN ISO 6330 „Textilien - Nichtgewerbliche Wasch- und Trocknungsverfahren zur Prüfung von Textilien“ noch immer eine starke Wirksamkeit bei der antibakteriellen Prüfung in Anlehnung an DIN EN ISO 20743:2013 (Absorptionsverfahren) sowohl gegenüber dem grampositiven Testkeim Staphylococcus aureus als auch gegenüber dem gramnegativen Testkeim Klebsiella pneunomiae und bei der antiviralen Prüfung in Anlehnung an ISO 18184 (Testvirus: phi 6 DSM 21518, Wirtsbakterium: Pseudomonas sp. DSM 21482) noch immer eine vollständige antivirale Wirksamkeit innerhalb von 2 Stunden.

Überraschend für den Fachmann ist auch, dass keine oberflächliche Beschichtung der Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern erforderlich ist, um die antimikrobielle, desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Fasermaterials zu erzeugen. Vielmehr ist die in den Faserquerschnitt der Fasern eingebrachte Wirkstoffkom ponente im Gegensatz zum Stand der Technik auch bei einem vollständigen, homogenen und auswaschresistenten Einschluss in die Fasermatrix uneingeschränkt, auch an der Faseroberfläche, wirksam. Ein besonderer Vorteil des gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Fasermaterials liegt ferner darin, dass es Eigenschaften besitzt, die mit denen unbehandelter Fasermaterialien, z.B. in Bezug auf mechanische Stabilität, Lebensdauer, Färbbarkeit, Wasseraufnahme- /Saugfähigkeit und Verarbeitbarkeit, vergleichbar sind.

In vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die antimikrobielle Wirkstoffkomponente in fester Form, insbesondere als Pulver, zugegeben und in der Pulpe und/oder der Spinnlösung und/oder optional dem Lösungsmittelsystem dispergiert wird.

In vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist ferner vorgesehen, dass die antimikrobielle Wirkstoffkomponente in fester Form, insbesondere als Pulver, zunächst in dem Lösungsmittelsystem dispergiert wird und die dadurch hergestellte Dispersion anschließend der Pulpe zugegeben wird.

In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die Pulpe nach Zugabe der antimikrobiellen Wirkstoffkom ponente homogenisiert wird.

In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Silbermetallpartikeln, die teilweise mit metallischem Ruthenium beschichtet sind, zugegeben werden. In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass Silber und Ruthenium zumindest teilweise in Form von Partikeln zugegeben werden, die ein Trägermaterial umfassen, auf dem Silber und Ruthenium aufgebracht sind. Dabei ist das Trägermaterial vorzugsweise derart ausgewählt, dass es sich unter den in Schritt d) zum Lösen der Cellulose und/oder Cellulose-Derivate erforderlichen Bedingungen ebenfalls löst oder zumindest vom Silber und Ruthenium trennt. Insbesondere kann das Trägermaterial Cellulose und/oder mindestens ein Cellulose-Derivat umfassen. Beispielsweise kann in vorteilhafter Weise mit einer solchen Cellulose-Silber-Ruthenium-Partikel-Variante der Wirkstoffkomponente mit Hilfe der Lyocell-Technologie ein antimikrobielles Fasermaterial mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellt werden, da die Cellulose-Silber-Ruthenium-Partikel trotz ihrer katalytischen Aktivität keinen negativen Einfluss auf die Zersetzungstemperatur (on-set-Temperatur) des im Lyocell-Prozess verwendeten Lösungsmittels N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) haben und somit in dem Lyocell-Prozess verarbeitet werden können. Im Lyocell- Prozess löst sich das Trägermaterial Cellulose im NMMO auf und setzt die auf dem Trägermaterial abgeschiedenen Silber-Ruthenium-Partikel in dem Cellulosehaltigen Lösungsmittel gleichmäßig verteilt frei, so dass daraus antimikrobielle Lyocell-Regeneratfasern für die Textilindustrie, aber auch für Vliesstoffe (Non- wovens) und weitere technische Anwendungen wie Folien, z. B. für Verpackungen, hergestellt werden können.

Bei diesen Partikeln handelt es sich nicht um Nanopartikel, sondern vielmehr um Partikel, die eine Länge, einen Durchmesser und/oder einen Umfang größer als 100 Nanometer (nm) aufweisen.

Das Trägermaterial kann beispielsweise mindestens ein Material umfassen, das aus der Gruppe bestehend aus Cellulose, Glas, Zeolith, Silikat, Metall oder einer Metalllegierung, Metalloxid (z.B. TiÜ2), Keramik, Graphit und einem Polymer ausgewählt ist. Die Wirkstoffkomponente kann somit durch die Wahl des Trägermaterials hinsichtlich der Integrationsanforderungen in die Cellulose - und/oder Cellulose-Derivat - Fasern der spezifischen Gebrauchsanwendungen gezielt eingestellt werden. Beispielsweise in Bezug auf Wasseraufnahme- /Saugfähigkeit (z. B. Cellulose als Trägermaterial), für Produktions-Anwendungen in Apparaturen, aus denen die Partikelentfernung nur von außerhalb mit einem Magneten möglich ist (magnetische Partikel wie z.B. Eisenpartikel als Trägermaterial), Cellulose-Integration bei der Herstellung von Regeneratfasern, bei dem die mit der erfindungsgemäßen Wirkstoffkomponente dotierte Cellulose sich in der organischen Cellulose-Lösung auflöst und die Wirkstoffkomponente fein in der Pulpe verteilt, aus dem dann Cellulose-Fäden gesponnen werden können, oder die Farbgestaltung (z. B. weiße Farbe: Cellulose als Trägermaterial).

Überraschenderweise hat sich also bezüglich des erfindungsmäßigen Verfahrens durch die Auswahl von Cellulose als Trägermaterial für Silber und Ruthenium eine neue Herstellungsmöglichkeit von antimikrobiellen Regeneratfasern ergeben. Beispielsweise kann als Trägermaterial Cellulose (C)- oder deren Derivate als mikrokristallines (MCC) oder nanokristallines Cellulose-Pulver (NCC) verwendet werden, die eine Reihe inhärenter Eigenschaften mitbringen, welche die antimikrobielle, desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirkung des erfindungsgemäßen Fasermaterials unterstützen, wie z. B. ihre Hydrophilie und eine hohe Wasserbindungskapazität, die im trockenen Zustand noch etwa 5-8 % beträgt. Die erfindungsgemäß hergestellten Regeneratfasern können nicht nur in der Faserlänge, sondern auch im Faserquerschnitt variiert werden, wodurch die Faseroberfläche erheblich vergrößert werden kann. So stehen neben der im Querschnitt wolkenförmigen „Standardcellulose“ auch Fasern mit stern- (Trilobal)- oder Buchstaben-ähnlichen (Umberto)- Querschnitten zur Verfügung. Die Cellulose-Trägeroberfläche kann auch durch sogenannte Bakterielle Cellulose (BC) aufgrund ihrer gewebeähnlichen, feinen Netzwerkstruktur deutlich vergrößert werden. BC besitzt darüber hinaus eine erhöhte Wasseraufnahmekapazität und wird deshalb gern in medizinischen Anwendungen eingesetzt.

Die Wirkstoffkomponente kann im Sinne der Erfindung zusätzlich zu Silber und Ruthenium auch noch weitere Substanzen umfassen, die oberflächenaktive Wirkungen (beispielsweise Tenside), lipophile Eigenschaften (beispielsweise Öle oder Fette) und/oder hydrophile Eigenschaften (beispielsweise Silikat-Partikel) besitzen. In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass das Lösungsmittel N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) ist, das häufig bei der Herstellung von Regeneratfasern Anwendung findet. Alternativ können aber auch andere geeignete Lösungsmittel bzw. Lösungsmittelsysteme, wie beispielsweise N,N-Dimethylbenzylamin-N-oxid oder Natronlauge/ Schwefelkohlenstoff (NaOH/CS2), oder Lösungsmittel aus der Gruppe der ionischen Flüssigkeiten wie beispielsweise 3-Butyl-1 -Methylimidazolium Acetat ([BMIM]Ac), als Lösungsmittel für die Cellulose bzw. Cellolose-Derivate im Herstellungsprozess verwendet werden.

Die Aufgabe wird erfindungsgemäß ferner durch ein Fasermaterial gelöst, das mittels des oben beschriebenen Verfahrens hergestellt wurde. Dieses erfindungsgemäße Fasermaterial zeichnet sich durch eine über seine gesamte Lebensdauer anhaltende antimikrobielle, desodorierende und/oder geruchsneutralisierende Wirkung aus und hat sonstige Eigenschaften, die mit denen unbehandelter Fasermaterialien, z.B. in Bezug auf mechanische Stabilität, Lebensdauer, Färbbarkeit, Wasseraufnahme-ZSaugfähigkeit und Verarbeitbarkeit, vergleichbar sind.

Die Aufgabe wird erfindungsgemäß darüber hinaus durch die Verwendung des erfindungsgemäßen Fasermaterials zur Herstellung von Wundauflagen, Wundverbänden und/oder Pflastermaterialien gelöst. Aus dem erfindungsgemäßen Fasermaterial hergestellte Game, Gewirke, Gestricke und/oder Gewebe können aufgrund der genannten Eigenschaften also in vorteilhafter Weise zur Herstellung von Wundauflagen, Wundverbänden und/oder Pflastermaterial verwendet werden. Dabei können diese Garne, Gewirke, Gestricke und/oder Gewebe selbst als Wundauflage, Wundverband und/oder Pflastermaterial verwendet werden und/oder in Form mindestens eines Saugkörpers in solches Verbandmaterial integriert sein, beispielsweise in enger Verbindung zu einem Trägermaterial. Die aus dem erfindungsgemäßen Fasermaterial hergestellten Game, Gewirke, Gestricke und/oder Gewebe bilden ein absorbierendes Material, welches das Wundexsudat, einschließlich der in der Wunde befindlichen Keime, aufnimmt. Somit kann die Keimausbreitung in dem das Exsudat aufnehmenden absorbierenden Material und eine Rückübertragung der mit dem Exsudat aufgenommenen Keime in die Wunde verhindert werden. Dadurch, dass das erfindungsgemäße absorbierende Material die mit dem Wundsekret aus der Wunde ausgetragenen Mikroorganismen bzw. Keime aufnimmt, immobilisiert und inaktiviert bzw. abtötet, kann ein entsprechend ausgebildetes bzw. ausgestattetes Wundverbandmaterial eine signifikante antimikrobielle Wirkung ausüben, ohne dass die antimikrobiellen Stoffe/Substanzen bzw. Mechanismen an der Oberfläche der abgedeckten Wunde vorliegen und/oder wirken müssen. Somit können mit dem erfindungsgemäßen Fasermaterial ausgestattete und/oder daraus bestehende Wundauflagen, Wundverbände und/oder Pflastermatenalien in vorteilhafter Weise auch dann eine effektive antimikrobielle Wirkung entfalten, wenn die Wunde bzw. Wundoberfläche nicht mit antimikrobiell wirkenden Stoffen bzw. Substanzen in Kontakt kommt. Daher tragen die das erfindungsgemäße Fasermaterial umfassenden Wundauflagen, Wundverbände und/oder Pflastermaterialien durch ihre integrierte antimikrobielle Wirkung und die Vermeidung von Reinfektionen in besonders vorteilhafter Weise zur schonenden und gut verträglichen Beschleunigung der Wundheilung bei. Ein das erfindungsgemäße Fasermaterial umfassendes absorbierendes Material kann beispielsweise auch Träger eines Stoffes und/oder Materials sein, der bzw. das ein feuchtes Klima in/über der Wunde aufrechterhält, z. B. ein Hydrogel.

Die Erfindung umfasst ferner die Verwendung einer antimikrobiellen Wirkstoffkomponente, die metallisches Silber (Ag) und metallisches Ruthenium (Ru) umfasst, als Mittel zur Reduzierung oder Vermeidung von Gerüchen in textilen Fasermaterialien. Mit dieser antimikrobiellen Wirkstoffkomponente dotierte Fasern sowie daraus gefertigte Faserverbunde, Garne und textile Flächengebilde weisen nicht nur eine über den gesamten Lebenszyklus der textilen Strukturen anhaltende antimikrobielle Wirkung auf, sondern wirken in überraschender und vorteilhafter Weise auch desodorierend und/oder geruchsneutralisierend. Dabei hat sich herausgestellt, dass diese zusätzliche Wirkung nicht allein auf die Hemmung oder Abtötung von Mikroorganismen zurückzuführen ist, sondern insbesondere auch auf einer Neutralisierung (z.B. durch Abbau oder Umwandlung) organischer Substanzen basiert. In olfaktometrischen Untersuchungen zum Abklingverhalten von Geruchskontaminationen (Set-up: Test zu Long-Iasting-Effekten von Gerüchen und Düften) konnte nachgewiesen werden, dass typische, schlechte bzw. üble Gerüche verursachende, organische Verbindungen wie beispielsweise iso- Valeriansäure (3-Methylbutansäure) oder 3-Hydroxy-3-Methlylhexansäure an Fasermaterialien, die mit der erfindungsgemäßen antimikrobiellen Wirkstoffkomponente dotiert waren, nach einer einheitlichen Beladungszeit von 180 Minuten bereits nach 60 Minuten nicht mehr wahrgenommen werden konnten. Weitere organische Stoffe, die für schlechte Gerüche von textilen Fasermaterialien verantwortlich sein können, sind beispielsweise 3-Methyl-2-Hexensäure, Thioalkohol, Androstenon, Buttersäure, n-Valeriansäure, n-Hexansäure und n- Octansäure. Auch diese und viele weitere Geruchsstoffe können durch die erfindungsgemäße Verwendung der antimikrobiellen Ag/Ru-Wirkstoffkom ponente effektiv und über den gesamten textilen Lebenszyklus anhaltend neutralisiert werden.

Aus dem erfindungsgemäßen Fasermaterial hergestellte Game, Gewirke, Gestricke oder Gewebe eignen sich aufgrund der genannten Eigenschaften hervorragend als Sport-, Freizeit- oder Outdoor-Textilien, als Heimtextilien sowie als Medizintextilien für die Wundversorgung oder -heilung. Aus dem erfindungsgemäßen Fasermaterial gefertigte Gewebe oder Vliesstoffe können beispielhaft auch als dauerhaft antimikrobielle Reinigungstücher (u.a. in der Küche), kunststoffumhüllte Vliesstücke in Geschirrspülern oder zur Unterstützung der Waschwirkung in der Waschmaschine eingesetzt werden. Gegenstand der Erfindung sind auch daraus gefertigte Hygienefaserverbunde, Hygienegame und textile Hygieneflächengebilde sowie daraus konfektionierte Textilien.

Hygienegame lassen sich im Rahmen des Sekundärspinnprozesses in Mischung von 1 bis 99 % des erfindungsgemäßen Fasermaterials mit vielen textil verwendeten Mischfasern (Natur- und Chemiefasern wie beispielsweise Baumwolle, Leinen, Hanf, Wolle, Viskose, Modal, Lyocell, Polyester, Polyacrylnitril, Polyamid, Polypropylen) bilden. Hygienefasern und/oder daraus gefertigte Hygienegame lassen sich zudem mit den textilüblichen Flächenbildungsprozessen (incl. Vliesstofffertigung) zu Flächengebilden mit 0,05 bis 90 % Wirkstoffgehalt verarbeiten. In einer besonderen Ausführungsform können Game, Flächengebilde oder Textilien in einem der genannten Verarbeitungsprozesse oder speziellen Veredelungsschritten zusätzlich auch nachträglich mit der antimikrobiellen Wirkstoffkomponente beschichtet werden. Neben einer einfachen Beschichtung mittels Wirkstoffdispersionen und nachfolgender Wirkstofffixierung durch beispielsweise T rocknung ist auch eine Beschichtung unter Zuhilfenahme spezieller Techniken wie beispielsweise Ultraschallimprägnierung o.ä. möglich.

„Regeneratfasern“ im Sinne der Erfindung bezeichnet Chemiefasern aus regenerierter Cellulose und/oder Cellulosederivaten, die mittels eines chemischen Verfahrens aus Zellstoff (Zellstoff ist eine beim chemischen Aufschluss von Pflanzenfasern entstehende faserige Masse, die vorwiegend aus Cellulose bzw. Cellulosederivaten (Holz) besteht) hergestellt werden. Regeneratfasern sind beispielsweise Viskose, Modal, Lyocell und Cupro.

„Antimikrobielle Wirkung“ im Sinne der Erfindung bezeichnet die Eigenschaft eines Stoffs, einer Stoffkombination, eines Materials, Materialverbunds und/oder einer Oberfläche derselben Mikroorganismen abzutöten, deren Wachstum zu hemmen und/oder eine mikrobielle Besiedelung bzw. Anheftung zu verhindern oder zu erschweren.

„Mikroorganismen“ im Sinne der Erfindung bezeichnet dabei ein- oder wenigzellige, mikroskopisch kleine Organismen oder Partikel, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Bakterien, Pilzen, Algen, Protozoen und Viren.

„Pulpe“ im Sinne der Erfindung bezeichnet eine bis zur Einzelfaser aufgelöste Zellstoffdispersion in wässriger Lösung.

„Partikel“, „partikelförmig“ oder „partikulär“ im Sinne der Erfindung bezeichnet einzelne teilchenförmige Körper, die als Ganzes gegenüber anderen Partikeln und ihrer Umgebung abgegrenzt sind. Dabei sind im Rahmen der Erfindung alle möglichen Partikelformen und -großen, unabhängig von Geometrie und Masse, eingeschlossen.

„Halbelement“ im Sinne der Erfindung bezeichnet einen Teil eines galvanischen Elements, der dieses in Verbindung mit mindestens einem weiteren Halbelement bildet. Ein Halbelement umfasst dabei eine Metallelektrode, die sich zumindest teilweise in einem Elektrolyten befindet. „Galvanische Zelle“, „galvanisches Element“ oder „mikrogalvanisches Element“ im Sinne der Erfindung bezeichnet die Kombination von zwei unterschiedlichen Metallen, die in einem gemeinsamen Elektrolyten jeweils eine Elektrode (Anode bzw. Kathode) bilden. Stehen die beiden Metallelektroden miteinander in direktem Kontakt oder sind sie über einen Elektronenleiter elektrisch leitend miteinander verbunden, gibt das unedlere Metall mit dem niedrigeren Redoxpotential (Elektronendonator, Anode) Elektronen an das edlere Metall mit dem höheren Redoxpotential (Elektronenakzeptor, Kathode) ab und setzt in Folge die Redoxprozesse an den Elektroden in Gang.

„Elektrolyt“ im Sinne der Erfindung bezeichnet einen Stoff (z. B. Ionen in wässriger Lösung), der unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes durch die gerichtete Bewegung von Ionen elektrischen Strom leitet.

„Metall“ im Sinne der Erfindung bezeichnet Atome eines chemischen Elements des Periodensystems der Elemente (alle Elemente, die keine Nichtmetalle sind), die mittels metallischer Bindungen ein Metallgitter und dadurch ein makroskopisch homogenes Material bilden, das sich u.a. durch eine hohe elektrische Leitfähigkeit und eine hohe Wärmeleitfähigkeit auszeichnet. Der Begriff „Metall“ im Sinne der Erfindung umfasst auch Legierungen, die mindestens zwei unterschiedliche Metalle umfassen, Metalle, die zumindest teilweise in Form ihrer jeweiligen Salze vorliegen, und Metallverbindungen wie z.B. Metalloxide, Metalloxyhydrate, Metallhydroxide, Metalloxyhydroxide, Metallhalogenide und Metallsulfide, sowie Kombinationen von Metallen und entsprechenden Metallverbindungen.

Die Erfindung wird im Weiteren anhand der folgenden Abbildungen und Beispiele exemplarisch näher erläutert.

Kurze Beschreibung der Abbildungen

Figur 1 zeigt eine fotografische Abbildung zur antimikrobiellen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Hemmhoftest zur Wirksamkeit des erfindungsgemäß hergestellten Fadenmaterials gegen E. coli (DSM 498). Figur 2 zeigt ein Balkendiagramm zur antibakteriellen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Staphylococcus aureus (DSM 799).

K = Kontrolle (Tula Bio-Baumwolle, 100 %)

425-01 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 50 Wäschen

Figur 3 zeigt ein Balkendiagramm zur antibakteriellen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Klebsiella pneumoniae (DSM 789).

K = Kontrolle (Tula Bio-Baumwolle, 100 %)

425-01 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 50 Wäschen

Figur 4 zeigt ein Balkendiagramm zur antiviralen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Bakteriophagen phi6 (DSM 21518).

K = Kontrolle (Polyestervlies F5)

426-01 = Lyocell-Fasern ohne Modifizierung, 100 %

426-02 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 50 Wäschen

Figur 5 zeigt ein Balkendiagramm zur antibakteriellen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Staphylococcus aureus (DSM 799).

K = Kontrolle (Tula Bio-Baumwolle, 100 %)

434-01 = Nullprobe, gewaschen

434-02 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 100 Wäschen

434-03 = Vlies aus reiner Cellulose, 100 % Figur 6 zeigt ein Balkendiagramm zur antibakteriellen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Klebsiella pneumoniae (DSM 789).

K = Kontrolle (Polyestervlies F5)

435-01 = Nullprobe, gewaschen

435-02 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 100 Wäschen

435-03 = Vlies aus reiner Cellulose, 100 %

Figur 7 zeigt ein Balkendiagramm zur antiviralen Wirksamkeit eines mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Fadens: Wirkung eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids gegen Bakteriophagen phi6 (DSM 21518).

K = Kontrolle (Tula Bio-Baumwolle, 100 %)

434-01 = Nullprobe, gewaschen

434-02 = Vlies aus Lyocell-Fasern mit 1 % Cellulose-Silber/Ruthenium-Partikeln nach 100 Wäschen

434-03 = Vlies aus reiner Cellulose, 100 %

Figur 8 zeigt ein Balkendiagramm einer analytischen Geruchsuntersuchung zur Eignung von Textilien zur Reduktion von Schweißgeruch, die durch die Hohenstein Laboratories, Bönnigheim durchgeführt wurde:

Interne Kontrolle: Schweißgeruchsimulat ohne Textil

Probe Nr. 18.8.4.0126-1: Silber und Ruthenium beschichtetes Polyesterfaservlies

Probe Nr. 18.8.4.0126-2: Polyesterfaservlies (Referenz)

Beschreibung beispielhafter und bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung

Figur 1 zeigt die antimikrobielle Wirksamkeit eines über den Lyocell-Prozess hergestellten antimikrobiellen Cellulose-Fadens, der durch Zugabe einer Silber/Ruthenium-Wirkstoffkomponente auf Cellulose-Basis zum Lyocell-Prozess hergestellt worden ist, gegen E. coli (DSM 498) anhand des um den dünnen Faden herum ausgebildeten Hemmhofes. Figuren 2 bis 7 zeigen die signifikante antimikrobielle Wirkung von mittels eines Lyocell-Prozesses hergestellten Cellulose-Ag/Ru-Fäden gegen Staphylococcus aureus (DSM 799), Klebsiella pneumoniae (DSM 789) und Bakteriophagen phi6 (DSM 21518). Die Cellulose-Fäden wurden durch den Zusatz von lediglich 1 % eines partikulären Cellulose-basierten Silber-Ruthenium-Hybrids zu einer Cellulose- Spinnlösung hergestellt. Das Versuchsmaterial mit einem Wirkstoffgehalt von 1 % Ag/Ru wurde mit einem Zieltiter von 1 ,7 dtex gesponnen. Als Avivage wurde 10 g/l Afilan RA genutzt. Zur Bestimmung der textilphysikalischen Werte wurden Stapelfasern mit 40 mm Länge im Handschnitt hergestellt. Für die Waschuntersuchungen und die Herstellung von Nassvliesen auf dem Blattbildner wurden 10 mm Kurzschnittfasern genutzt. Die 50 bzw. 100 Waschversuche wurden in Anlehnung an die Prüfnorm DIN EN ISO 6330 durchgeführt. Dazu wurden die Faserproben einzeln in Nylonstrümpfen portioniert. Als Beiladung wurde eine Waschmaschine mit Bettlaken aus 100 % Baumwolle auf insgesamt 2 kg aufgefüllt. Zu jedem Waschgang kamen 18 g Waschpulver zum Einsatz. Das Waschprogramm „Pflegeleicht kurz“ (69 min, 1.200 U/rnin, Wasserverbrauch 50l/h) wurde gewählt. Zur Untersuchung der antimikrobiellen Wirksamkeit wurden mithilfe eines Laborblattbildners Nassvliese aus den geöffneten Kurzschnittfasern hergestellt. Die Zielflächenmasse der Nassvliese betrug 250 g/m 2 Bei den Nassvliesen wurde eine Fasermischung mit einem Mischungsverhältnis von 30 % Ag/Ru-Faser und 70 % reine Cellulosefaser verwendet. Zur Klärung des Einflusses der Wäschen wurden unmodifizierte Cellulosefasern mitgewaschen und neben einer Kontrolle (PET) sowie hochreiner Baumwolle (Tula Biobaumwolle) hinsichtlich der antimikrobiellen Wirkung evaluiert.

Sowohl nach 0, nach 50 als auch nach 100 Wäschen konnten die hergestellten Nassvliese mit einem Ag/Ru-Funktionsfaser-Anteil von 30 % bei den getesteten Prüfkeimen folgende Bewertung erhalten:

- Staphylococcus aureus - gram positiv; stark wirksam

- Klebsiella pneunomiae - gram negativ; stark wirksam

Bei der Prüfung in Anlehnung an ISO 18184 wurde eine vollständige antivirale Wirksamkeit nach 2 Stunden festgestellt.

Weder parallel gewaschene, unmodifizierte Cellulosefasern, eine PET-Kontrolle noch eine ebenfalls parallel gewaschene Biobaumwolle zeigen eine antibakterielle oder eine antivirale Wirkung. Daraus ergibt sich, dass die festgestellte antimikrobielle Wirkung der getesteten Cellulose-Ag/Ru-Gewebe auf der Einbindung von Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) in die modifizierten Fasern beruht. Die zahlenmäßigen Änderungen der absoluten Werte können dabei als innerhalb der Schwankungsbreite der angewandten Prüfmethode liegend betrachtet werden.

Figur 3 zeigt das Ergebnis einer analytischen Geruchsuntersuchung von Polyesterfasern. Eine definierte Menge des Hohenstein Schweißsimulats ng 114 wurde auf Textilstanzlinge aufgebracht, in einem Geruchsbeutel für 60 min. bei 37°C inkubiert und schließlich die Geruchsintensität von Geruchsprüfern nach VDI 3882 mittels olfaktorischem Probengeber beurteilt. Es zeigt sich hier, dass unter den Testbedingungen für das mit Silber und Ruthenium beschichtete Polyesterfaservlies im Vergleich zur Referenz eine Reduktion der Schweißgeruchsintensität von 0,7 Intensitätspunkten festgestellt wurde. Die Geruchsintensität der Referenz wurde von den Geruchsprüfern mit stark bis sehr stark bewertet, während die Geruchsintensität des Ag/Ru-Faservlies‘ als deutlich bis stark eingestuft wurde. Die Ag/Ru-Wirkstoffkom ponente bewirkt bei Polyesterfasern also eine signifikante Reduzierung der Geruchsintensität. Es ist zu erwarten (und noch nachzuweisen), dass die Geruchsreduzierung durch die erfindungsgemäße Verwendung der Ag/Ru- Wirkstoffkom ponente bei Fasermaterialien aus Cellulose und/oder Cellulose- Derivaten im Vergleich mit einem entsprechenden Referenzmaterial noch deutlicher ausfällt. Diese Erwartung ist darin begründet, dass Kunststofffasern Geruchsmoleküle schlechter absorbieren als z. B. Baumwolle bzw. Cellulose. Beispielsweise geben Polyestergewebe Geruchsmoleküle schneller bzw. leichter (d.h. in größerer Anzahl) ab als Baumwolle. Aus dieser Tatsache kann man darauf schließen, dass die Geruchsmoleküle im Inneren von Bauwoll- bzw. Cellulose- Fasern festgehalten werden, so dass sie von einer dort eingebetteten antimikrobiellen Wirkstoffkomponente, die Silber (Ag) und Ruthenium (Ru) umfasst, effektiv neutralisiert werden können.

Beispiel 1 (Vergleichsbeispiel 1)

In einem Rührbehälter aus Edelstahl werden 399 g Zellstoff (Typ MODO, DP: 590, Feststoffgehalt: 95,5%) mit 3.486 g 80 %-iger, wässriger NMMO-Lösung gemischt. Dem Gemisch werden 2,4 g Gallussäurepropylester (0,63 % bezogen auf das Zellstofftrockengewicht) zugegeben und alles gemeinsam für 15 Minuten mit einem Ultra-Turrax bei 10.000 min -1 gut durchmischt. Anschließend wird das Gemisch in ein doppelwandiges Rührgefäß überführt und unter Rühren bei 95 °C und einem Vakuum von 20 mbar das überschüssige Wasser abdestilliert. Die entstandene Celluloselösung, deren onset-Temperatur (Temperatur des Zersetzungsbeginns des Lösungsmittels NMMO), die beispielsweise nach [Knorr 2006] mittels Miniautoklav als zeitabhängige Druckänderung (dp/dT) m ax zu 153 °C bestimmt wurde, wird manuell in ein Vorratsgefäß überführt und bei 80 °C entgast.

Unter schwacher N2-Druckbeaufschlagung wird die so vorbereitete Spinnlösung mittels Zahnradspinnpumpe durch Düsenlöcher mit einem Durchmesser von 90 pm extrudiert und die entstandenen Spinnkapillaren im Luftspalt verzogen, beim Passieren der Spinnbadoberfläche regeneriert und erschöpfend mit dem im Gegenstrom geführten Spinnbad vom NMMO befreit.

Die zu Stapelfasern mit einer Stapellänge von 38 mm geschnittenen Fasern besitzen nach der Trocknung bei 60 °C eine Endfeinheit (gemäß DIN EN ISO 1973 1995-12) von 1 ,62 dtex. Ihre feinheitsbezogene Festigkeit (gemäß DIN EN ISO 5079 1996-2) beträgt 43,60 cN/tex, ihre Dehnung (ebenfalls bestimmt nach DIN EN ISO 5079:1996-2) 12,8 % und die feinheitsbezogene Schlingenreißkraft (gemäß DIN 53843-2:1988-03) wurde zu 15,10 cN/tex bestimmt.

Die antibakterielle Wirkung (in Anlehnung an DIN EN ISO 20743:2013- Absorptionsverfahren, vgl. Beispiele 4-6) sowohl gegenüber gram-positiven (Staphylococcus aureus) als auch gegenüber gram-negativen (Klebsiella pneumoniae) Teststämmen wurde jeweils als nicht wirksam bestimmt. Auch die Bestimmung der antiviralen Wirksamkeit (in Anlehnung an ISO 18184, Testvirus: phi6) ergab keine Reduktion der Virenlast über 2 Stunden Bestimmungszeit.

(A. Knorr: „Anwendung der TRAS 410 auf die sicherheitstechnische Beurteilung einer Perestersynthese“, Dissertation TU Berlin, 2006, S. 34 ff)

Beispiel 2 (Vergleichsbeispiel 2)

In einem Edelstahlbehälter werden 36 g eines fein gemahlenen lonenaustauscherharzes (schwach vernetzter Kationenaustauscher auf Basis eines vernetzten Copolymerisates aus Acrylsäure und Natriumacrylat mit einer Korngröße D90 8 pm) wird mittels eines Ultra-Turrax Hochleistungsdispergierers in 1 I wässrigem NMMO (60 %, w/w) homogen verteilt und nach einer Standzeit von 30 Minuten einer Pulpe aus 377 g Zellstoff ( MoDo, DP: 590, Feststoffgehalt: 95,5%) und 3.372 g NMMO zugegeben. Die modifizierte Pulpe wird nochmals für 15 Minuten bei 10.000 mim 1 homogenisiert. Der Pulpe werden zudem 2,4 g Gallulssäure als Stabilisator hinzugefügt, das Gemisch in einen doppelwandigen Rührbehälter überführt. Ihre onset-Temperatur betrug 145 °C. Das überschüssige Wasser wird unter Rühren bei 100 °C und einem Vakuum von 25 mbar bis zur homogenen Auflösung der Cellulose entfernt. Nach Überführung der so zubereiteten Spinnlösung werden bei 90 °C Spinntemperatur und 30 m/min Spinngeschwindigkeit Stapelfasern mit einer Länge von 60 mm, einem Titer von 6,7 dtex, einer feinheitsbezogenen Reißkraft von 25,7 cN/tex, einer Maximaldehnung von 14,8 % und einer feinheitsbezogenen Schlingenreißfestigkeit von 8,2 cN/tex gebildet. Die vollständig vom Lösungsmittel befreiten, aber noch initialfeuchten Stapelfasern werden mit einer 0,1 molaren Silbemitratlösung pro Kilogramm Stapelfasermatenal beladen, abgepresst und danach einmal mit Natriumchloridlösung gewaschen.

Die beladenen Stapelfasern werden abschließend bei 80 °C bis zur Gleichgewichtsfeuchte getrocknet. Der Silbergehalt der auf diese Art gefertigten Fasern beträgt ca. 6 Prozent.

Beispiel 3 (Vergleichsbeispiel 3)

Einer analog nach Beispiel 1 hergestellten Zellstoffpulpe wird ein homogenes Gemisch aus 36 g einer ZnO/ZnS-Mischung (1 :2, w/w, jeweils D99 2 pm) und 0,5 I 60 %-igem NMMO (w/w) und 0,63 % (bezogen auf die eingesetzte Cellulosemenge) Gallussäurepropylester zugefügt. Die Mischung wird bei 10.000 min. -1 über 15 Minuten homogenisiert und danach analog vorangegangener Beispiele 1 oder 2 zu Stapelfasern mit einer Länge von 40 mm, einer Feinheit von

1.5 dtex, einer feinheitsbezogenen Reißkraft von 35, 4 cN/tex, einer Reißdehnung von 14,2 % und einer feinheitsbezogenen Schlingenreißkraft von 9,8 cN/tex verformt. Der Gehalt an Zink beträgt 9 %.

Beispiel 4 (Silber/Ruthenium-Funktionsfasern)

3.6 g Silber/Ruthenium-Pulver wird in 0,5 I wässrigem NMMO (60 %, w/w) mittels eines Turrax Hochleistungs-Dispergiergerätes fein verteilt. Die Dispersion wird danach einer Pulpe aus 377 g Cellulose (analog Beispiel 2) und 3.872 g NMMO zugegeben und alles gemeinsam nochmals bei 10.000 min -1 für 15 Minuten homogenisiert. Als Stabilisator wurde Gallussäurepropylester in einer Konzentration von 0,63 % (bezogen auf die eingesetzte Cellulose) verwendet. Die Bestimmung thermischen Stabilität der analog Beispiel 1 hergestellten Spinnlösung erfolgt mittels onset-Temperatur-Messung und zeigt mit 150 °C einen sicherheits-technisch unbedenklichen Wert. Die analog Beispiel 1 gesponnenen und nachbehandelten Fasern besitzen eine Endfeinheit von 1 ,76 dtex, eine feinheitsbezogene Reißkraft von 42 cN/tex, eine Reißdehnung von 13,6 % und eine feinheitsbezogene Schlingenfestigkeit von 14,4 cN/tex und sind damit den Fasern aus Beispiel 1 völlig gleichwertig.

Beispiel 5 (Antimikrobielle Wirksamkeit von nicht funktionalisierten Proben) Die antibakterielle Wirksamkeit (in Anlehnung an DIN EN ISO 20743:2013- Absorptionsverfahren) wurde sowohl gegenüber gram-positiven (Staphylococcus aureus) als auch gegenüber gram-negativen (Klebsiella pneumoniae) Teststämmen bestimmt. Sie wurde als Differenz der Ig-Reduktion einer parallel geprüften Kontrolle (Tula-Baumwolle) und der Ig-Reduktion einer Kurzfaservliesprobe über jeweils 24 Stunden berechnet. Werte über 3 gelten als stark antibakteriell wirksam.

Zur Bestimmung der antiviralen Wirksamkeit (in Anlehnung an ISO 18184, Testvirus: phi6) wurde die Reduktion der Virenlast einer parallel geprüften Referenz (meist PET) und einer Probe über 2 Stunden erfasst. Sie wird aus der Differenz der dekadischen Logarithmen der mittleren Phagentiter der Referenz und der Probe nach 2 Stunden Kontakt berechnet.

Eine nach Beispiel 1 gefertigte Faserprobe erwies sich weder gegenüber grampositiven noch gegenüber gram-negativen Testkeimen als antibakteriell wirksam. Die Untersuchung ergab auch keine Reduktion der Virenlast über 2 Stunden Bestimmungszeit. Auch nach 50 bzw. nach 100 Waschzyklen zeigten diese Proben keine oder nur sehr geringe, unspezifische antibakterielle und keine antiviralen Wirksamkeiten, die sich aus der sehr glatten Fasermorphologie ergeben können (vgl. Tabelle 1 ). Beispiel 6 (Antimikrobielle Wirksamkeit von Fasern mit Silber- oder Zinkausrüstung)

Die Lyocellfasern, die man analog Beispiel 2 oder Beispiel 3 ersponnen hatte, wurden beispielhaft zu Stapelfasergarnen und nachfolgend zu Mischgeweben mit einem Funktionsfaseranteil von insgesamt ca. 30 % verarbeitet. Repräsentative Gewebestücke wurden den in Beispiel 6 genannten antibakteriellen und antiviralen Untersuchungen unterzogen. Ungewaschene Mischgewebe zeigten eine Ig- Reduktion Alog von 4,0 (Beispiel 2) bzw. 3,4 (Beispiel 3) gegenüber Staphylococcus aureus und 3,8 (Beispiel) bzw. 3,1 (Beispiel 3) gegenüber Klebsiella pneumoniae. Die Reduktion der Virenlast nach 2 Stunden betrug 3,1 (Beispiel 2) bzw. 3,0 (Beispiel 3). Nach 30 Wäschen in Anlehnung an DIN EN ISO 6330 waren die antibakterielle Ig-Reduktion Alog gegenüber Staphylococcus areus auf 2,9 (Beispiel 2) bzw. 2,0 (Beispiel 3) und gegenüber Klebsiella pneumoniae auf 2,4 (Beispiel 2) bzw. 1 ,8 (Beispiel 3) gesunken. Die Reduktion der Virenlast nach 2 Stunden sank bei beiden Mustern in die geringe antivirale Wirksamkeit ab, und betrug 2,4 (Beispiel 2) und 2,1 (Beispiel 3). Aufgrund der erhaltenen Werte wurde keine größere Zahl an Waschzyklen untersucht.

Beispiel 7 (Antimikrobielle Wirksamkeit von Fasern mit Silber/Ruthenium- Ausrüstung)

Analog Beispiel 1 und Beispiel 4 gefertigte Fasern wurden vor der Fasertrocknung zu Kurzstapelfasern mit Stapellängen < 5 mm geschnitten. Die bis zur Gleichgewichtsfeuchte getrockneten Stapelfasern wurden mit Hilfe eines Blattbildners vom Typ Rapid-Köthen zu kreisrunden Nassvliesstücken mit einem Trockengewicht von ca. 150 g/m 2 verarbeitet. Zur Bestimmung ihrer antimikrobiellen Wirkung kamen neben vollständig unmodifizierten auch Kurzfaservliese aus 70 % reiner Lyocellfaser (entsprechend Beispiel 1 gefertigt) und 30 % Fasern mit 1 % Silber/Ruthenium-Zusatz (entsprechend Beispiel 4 gefertigt) zum Einsatz. Analog zum Beispiel 4 wurden auch hier gegen die dort genannten Testkeime geprüft. Unmodifizierte Fasern wurden als Referenz nach 0 und 100 Wäschen sowie 70/30- Kurzfaservliese als Probe nach 0, 50 und 100 Wäschen untersucht. Die Waschversuche aller Nassvliese wurden in Anlehnung an DIN EN ISO 6330 ausgeführt. Die gewaschenen Vliese wurden nach Ende der Waschversuche jeweils separat geöffnet, in entionisiertem Wasser redispergiert und mittels Rapid Köthen Blattbildner erneut zum Kurzfaservlies gelegt.

Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der unabhängig voneinander ausgeführten antimikrobiellen Untersuchungen.

Tabelle 1: Reduktion der Testkeimkonzentration jeweils nach der genannten Zahl an Wäschen

• antibakterielle Wirksamkeit, Alog = (Ig ** antivirale Wirksamkeit, M v = Ig V R - Ig V c , wobei V R = Mittelwert des Logarithmus der Phagentiter nach 2 h Kontakt mit der Referenzprobe

V c = Mittelwert des Logarithmus der Phagentiter nach 2 h Kontakt mit der antiviralen Probe

Alog > 3 = stark wirksam; 3 > Alog > 2 = signifikant wirksam; 2 > Alog > 0,5 = schwach wirksam, Alog < 0,5 nicht wirksam M v > 3 = vollständige antivirale Wirksamkeit; 3,0 > M v > 2,0 = geringe antivirale Wirksamkeit

- - nicht bestimmt; SA = Staphylococcus aureus (gram-positiv); KP = Klebsiella pneumoniae (gram-negativ), Phi 6 = phi 6 DSM 21518 (Bakteriophage)